Kronprinz Rudolfs letzte Liebe / Kronprinz Rudolf

Max von Thun, Klaus Maria Brandauer. Enormer Aufwand, beschnittene Wirkung

Foto: Degeto / Domenigg
Foto Tilmann P. Gangloff

Die ergreifende Geschichte des unglücklichen Kronprinzen Rudolf ist wie geschaffen für ein ausschweifendes Werk. 3.500 Komparsen haben an Robert Dornhelms 11 Millionen Euro teurer Verfilmung mitgewirkt, 53 Schauspieler wurden verpflichtet. Nur ist Vieles davon in der 105-Minuten-Fassung für die ARD nicht mehr zu sehen. Hier steht ganz im Mittelpunkt „Kronprinz Rudolfs letzte Liebe“. Stückwerk mit einem großartigen Max von Thun!

Die ergreifende Geschichte des unglücklichen Kronprinzen Rudolf ist wie geschaffen für ein ausschweifendes Werk. 3.500 Komparsen haben an Robert Dornhelms 11 Millionen Euro teurer Verfilmung mitgewirkt, 53 Schauspieler wurden verpflichtet, darunter neben Klaus Maria Brandauer (Franz Josef) und Robert Stadlober (Wilhelm II.) auch Joachim Król und Julia Jentsch. Beide aber werden dem deutschen Fernsehpublikum vorenthalten: Als Koproduzent hat die Degeto von Anfang an auf einer 90minütigen Version bestanden, in der die politische Dimension der Geschichte ignoriert wird und deren Kernstück die titelgebende unglückliche Romanze ist. Tatsächlich geht es in den geschnittenen Passagen mitunter allzu detailliert um österreichische Innenpolitik. Andererseits kommt nun etwas zu kurz, wie sehr Rudolf bei Hofe mit seinen Visionen aneckte. Der Querdenker forderte Schulbildung für unterprivilegierte Kinder und setzte sich für eine gerechte Verteilung des Wohlstands ein. In der 105-Minuten-Fassung wirkt er hingegen mitunter wie ein hedonistischer Hahnrei. Deutlich gelitten hat auch die Rolle Omar Sharifs, der Rudolfs väterlichen Freund spielt. Dabei ist seine Besetzung ein Augenzwinkern für Filmfreunde: Rudolfs Geschichte ist bereits 1968 verfilmt worden („Mayerling“ von Terence Young). Damals spielte Omar Sharif den Thronfolger.

Ohnehin ist gerade das erste Drittel des Films recht amüsant, weil Friedrich von Thun die Titelrolle mit viel Ironie anlegt. Mit zunehmender Dauer aber wird aus der Ironie Zynismus, zumal Rudolf, obschon noch jung an Jahren, auch körperlich verfällt: Seine ungeschützt vollzogene Promiskuität führte zu diversen Geschlechtskrankheiten; die Schmerzen bekämpfte er mit Morphium und wurde prompt süchtig. Auch wenn Max von Thun alles andere als ein Nachwuchsmime ist: Dieser Film dürfte seinen internationalen Durchbruch bedeuten. Der Schauspieler hat spürbar Freude am Facettenreichtum der Rolle; in den melodramatischen Passagen macht er einen ebenso souveränen Eindruck wie in den politischen Debatten.  Trotzdem mutet Dornhelms Film, obwohl er ihn selbst geschnitten hat, in der gekürzten Version mitunter wie Stückwerk an, ein Eindruck, der durch den episodischen Erzählstil und die ständigen Szenenwechsel noch verstärkt wird. (Text-Stand: 29.12.2006)

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Fernsehfilm

ARD Degeto, ORF

Mit Max von Thun, Vittoria Puccini, Klaus Maria Brandauer, Fritz Karl, Omar Sharif, Birgit Minichmayr, Robert Stadlober

Kamera: Michael Riebl

Szenenbild: Florian Reichmann

Schnitt: Ingrid Koller

Produktionsfirma: MR-Film

Drehbuch: Klaus Lintschinger, Didier Decoin

Regie: Robert Dornhelm

EA: 29.12.2006 20:15 Uhr | ARD

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