Tief im Osten der Republik. Seit mehr als 20 Jahren macht der Weichensteller Kurt Grantke in Storchenroda zuverlässig seine Arbeit. Doch die Bahnlinie soll stillgelegt werden. Das Dorf ist in Aufruhr, die ersten Kündigungen sind unterwegs. Grantke trifft es doppelt: Der Witwer verliert nicht nur seinen Job, er und seine Tochter sollen auch ihr beschauliches Streckenhäuschen räumen. Da kann sich der sonst so zurückhaltende Mann nicht länger beherrschen: Und so wird aus dem stillen Weichensteller ein medienbekannter Bahnerpresser, genannt Heinrich der Säger, der mit Sabotageakten seinem Protest Ausdruck gibt.
Bald ist es nicht nur der Weichensteller, auch sein krankhaft religiöses Töchterlein und der Hightech-erfahrene Briefträger des Dorfs beteiligen sich an Aktionen gegen die Bahn. Die Bevölkerung feiert Heinrich den Säger als eine Art Robin Hood. Die Polizei tappt im Dunkeln, lässt sich immer wieder austricksen und macht sich lächerlich. Erst als Kommissar Stahl seiner Assistentin einen Einsatz im Bett des verdächtigen Grantke befiehlt, läuft das Unternehmen “Heinrich der Säger” Gefahr, aufzufliegen.
Was wie ein verunglückter sozialkritischer Bauernschwank beginnt, mausert sich im Verlauf des Films zu einer skurrilen Provinzposse Ost mit wunderbar schrägen Momenten und einer parodienahen Krimihandlung. Sozialsatire, Nonsens und höhere Bedeutung, darauf kam es dem Autor-Regisseur Klaus Gietinger offenbar bei “Heinrich der Säger” an. Und so spielt denn das Gespenst Arbeitslosigkeit nicht die Hauptrolle in dieser Groteske, sondern im Zentrum stehen die Blüten, die ziviler Ungehorsam in einem Sozialwesen treiben kann.
Immer wieder wird der Provinzdramen-Realismus köstlich aufs Korn genommen. Meret Becker spielt neben ihrem Vater Rolf Becker wie ein verhuschtes Gänseliesl, hin- und hergerissen zwischen Jungfrau Maria und dem Briefträger. Da stolziert ein Storch durchs Dorf, verschenkt ein Liebender Blumen und zärtlich verpackte Kondome, und da meldet sich die verstorbene Grantke-Gattin (geboren 1949, gestorben 1989!) als eine Art DDR-Allegorie mit Grabesstimme zu Wort: wo Unrecht geschieht, muss man sich wehren! Auch sonst schwingt hintergründig Ostalgisches mit: der Dorfpastor wird zum “Inoffiziellen Mitarbeiter” des jähzornigen West-Bullen, der schon mal einen Zeugen ohnächtig knüppelt, und “die blöde Zonenschnepfe” ohne jeglichen Geschmack erweist sich am Ende als herzensguter Engel.