Sie war die erste Frau, die im Vatikan wohnen durfte. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Zunächst muss sich Josephine Lehnert von ihrem bildungsfernen Elternhaus lossagen. Nach dem Eintreten in den Orden vom Heiligen Kreuz hat sie als Schwester Pascalina einen zweiten Machtkampf zu bestehen. Im Namen der Keuschheit, der Armut und des demütigen Gehorsams versucht die Oberin vom Kloster Altötting, den Willen der Schwester zu brechen. Doch diese holt sich Kraft von ganz oben: „Herr, mach meinen Willen stark, ich lass’ mich nicht brechen, ich bin stärker“, betet sie und hat Erfolg. Sie setzt durch, dass sie dem Nuntius Eugenio Pacelli weiterhin den Haushalt führen darf. Doch längst war sie mehr für ihn und übernahm für den päpstlichen Vertreter im Deutschland der Weimarer Republik die Dienste einer Privatsekretärin. Ob die Nuntiatur in München oder Berlin – Pascalina schmeißt den Laden. Als Pacelli zum Kardinalstaatssekretär ernannt und nach Rom abberufen wird, findet die fruchtbare Zusammenarbeit doch ihr Ende. Aber die Wege des Herrn sind unergründlich.
Foto: Degeto / Reiner Bajo
Gottes mächtige Dienerin“ ist lang, 180 Minuten, die Kritik kann man kurz machen, was auch mit der (angenehm) schlichten Klarheit des Films von Marcus O. Rosenmüller zu tun hat: Eine außergewöhnliche Nonne mit Vorbildcharakter, eine bewegende Geschichte, basierend auf einer spannenden Biografie, die wie geschaffen ist für einen bewegenden, unterhaltsamen Zweiteiler für das öffentlich-rechtliche Osterprogramm. Christine Neubauer ist im Rahmen eines solchen Degeto-Projekts, das freilich anders „funktioniert“, als wenn beispielsweise Margarethe von Trotta die Geschichte zum Arthaus-Film gemacht hätte, die richtige Besetzung. Hier passt sie einmal: die etwas pathetische, salbungsvolle Diktion, die sich die Schauspielerin in den letzten Jahren angewöhnen musste. Auch optisch harmoniert das Gesicht der Neubauer mit Schwesternhaube und schwarzem Gewand vorzüglich.
„Gottes mächtige Dienerin“ ist die Geschichte einer Nonne, die die hohe Heiligkeit des Milieus auf einen angenehm bodenständigen, alltagsbezogenen Pragmatismus herunterbricht, ohne aus dem Vatikan das Wohnzimmer einer Großfamilie zu machen. Zugleich gehorcht der Film den Regeln einer Heldengeschichte. Dabei vertrauen Rosenmüller und die Autoren ihrer Heldin: Sie folgen der Chronologie der Ereignisse, ohne übermäßig zu dramatisieren. Die Geschichte wird erzählt auf dem Hintergrund bewegter politischer Zeiten: Novemberrevolution, der Hitler-Putsch von 1923, Weimarer Republik, Hitlers Machtergreifung, Juden-Progrome, Überfall auf Polen, Konzentrationslager, die Besetzung Roms – all das findet Erwähnung im Film. Auch das Schweigen von Papst Pius XII. zu Hitlers Gräueltaten wird thematisiert. Die Haltung der Macher: „Wir haben versucht, nicht mit der heutigen Sicht in die Darstellung der historischen Ereignisse einzugreifen“, so Pacelli-Papst-Pius-Darsteller Remo Girone. „Wir wollten kein Wissen übertragen, das wir heute haben, das die Figuren aber nicht haben konnten.“