Was tun, wenn man glaubt, endlich die Frau fürs Leben gefunden zu haben – und plötzlich die große, unerreichbare Jugendliebe wie aus dem Nichts auftaucht?! Matthias und Lily waren vor mehr als 25 Jahren beste Freunde, sexuell aber überforderte der Wildfang den scheuen Jungen. Ausgerechnet diese Lily beglaubigt nun seine neue große Liebe: „Was Gott zusammengefügt hat, sollen Menschen nicht trennen.“ Beide bewegt das Wiedersehen, aber sie sind erwachsen und entsprechend verhalten sie sich. Auch Lily ist verheiratet, ausgerechnet mit dem einstigen Oberaufreißer Jan. Die Ehepaare treffen sich zu viert, sie verstehen sich gut, fahren deshalb auch gemeinsam zum Treffen ihrer Abi-Klasse. Der Alkohol treibt die Dinge voran. Matthias prügelt sich mit dem Ober-Mobber von damals, Lily fällt nichts Besseres ein, als ausgerechnet mit diesem Großmaul herumzuknutschen, Jan ist völlig besoffen und Matthias’ Frau Diana einfach nur stinksauer. Die Flugbegleiterin macht sich danach auf Neuseelandtrip. Als sie zurückkommt, ist nichts mehr, wie es vorher war.
Foto: BR / Degeto / Kerstin Stelter
„Göttliche Funken“ ist ein erwachsener Liebesfilm, der sich nicht auf den ausgetretenen Pfaden der TV-Romanze bewegt. Liebe wird hier nicht benutzt, um Gefühle melodramatisch zu überhöhen. Der ARD-Fernsehfilm von Maria von Heland und Ko-Autor Sathyan Ramesh erteilt dem romantischen Liebesmythos vom bestmöglichen Paar, von den beiden, die sich gefunden haben, von den zwei Seelenverwandten, wie ihn die Populärkultur so gern feiert, eine Abfuhr. Die Liebe bleibt für die Betroffenen ein unergründliches Phänomen. Lieben hat viel mit Glauben gemeinsam. Das, was die alten Jugendfreunde ausleben, ist keine jener banalen Fremdgehaffären, die so viel über die Beziehungen aussagen, in denen sich die treulosen Partner befinden. Beide brauchen es, um mit der Vergangenheit abzuschließen. Es ist kein Zufall, dass kurz nach dem Klassentreffen beide die Leidenschaft überfällt. Das ist mehr als Kindheitserinnerung. Für Matthias ist es die endgültige Bestätigung, dass er nun, nachdem er zehn Jahre seiner unerreichbaren Jugendliebe nachgetrauert hat, ein anderer Mensch ist, tiefgründig, sensibel, der Verwalter der Walhalla-Gedenkstätte, aber jetzt eben auch ein „richtiger“ Mann. Und Lily, „die schönste Gottesfrau“, ist auch nur ein Mensch. Sie ist wieder fasziniert von diesem feinsinnigen Mann, mit dem sie über Gott und Welt reden kann, der ihr emotional und intellektuell so nah ist. Und dann bricht die wilde Lily wieder in ihr aus.
Foto: BR / Degeto / Kerstin Stelter
Weil es eine Affäre ist mit einem tiefen Grund ist auch das, was sich ihr im Film anschließt, weniger banal, als es gebeichtete & besprochene Seitensprünge sind. Die Beichten selbst inszeniert von Heland in einer Parallelmontage. Das ist nicht nur eine zeitökonomisch interessante (Auf-)Lösung. Der Zuschauer weiß, was Sache ist. Jeder kennt diese Situation: Die Worte, die die beiden finden sind ähnlich, die Montage suggeriert, dass es fast dieselben sind, worin sich zeigt, wie ähnlich und wie nah sich die beiden „Ehebrecher“ sind. In der Folge dreht sich das Beziehungskarussell recht munter (in einer Berghütte kommt es zum nächsten Paukenschlag) bis zum finalen Plädoyer für einen großherzigeren Umgang mit der Liebe und einen großzügigeren mit Gottes Geboten. Glaube, Liebe – und am Ende steht die Hoffnung, dass die „Betrogenen“ toleranter, ja demütiger reagieren und weniger aggressiv mit der narzisstischen Kränkung umgehen. Religion und Liebe finden in Harmonie zusammen.
„Göttliche Funken“ ist – bedenkt man seinen Wohlfühlsendeplatz – filmästhetisch eine kleine Offenbarung. Der sinnlich verspielte Einstieg mit seiner weichen, in Weiß getauchten Schnitt-Folge mit den extremen Großeinstellungen kündigt bereits an, dass hier etwas Außergewöhnliches zu erwarten ist. Und dann steht der Bräutigam verloren vorm Traualtar. Der Pfarrer fehlt. Ein Ersatz macht sich bereit. Und dann schreitet plötzlich die Jugendliebe auf den Bräutigam zu – und im nächsten Moment betritt die Braut die Kirche… Maria von Helands Film ist Gefühlsfernsehen im besten Sinne. Gespräche öffnen dem Zuschauer die Figuren, bringen ihm die Vorgeschichte, aus heutiger Sicht interpretiert, nahe und treiben das Alltagsgeschehen in einem realistischen Rhythmus voran. Haltungen, innere Überzeugungen, der Sinn für die Seele – all das hält einem dieser Film über die Liebe nicht vor. Was die diskursträchtigen Filme Stefan Krohmers für den ARD-Mittwoch sind, das ist diese aufgeklärte Selbstfindungsmär mit ihren alltagsnahen, vielschichtigen Dialogen für den ARD-Freitag. Mit traumwandlerischer Sicherheit bewegen sich Jeanette Hain, Devid Striesow & Co durch den Film. Ob lustvolle Hochzeit, nachdenkliche Zweiergespräche, aufgekratzte oder sprachlose Vierer-Szenen – immer sind von Heland und Kameramann Moritz Anton nah bei den Protagonisten, ohne dabei das Bild zu vernachlässigen: die Schauplätze, die Ausstattung, die Farben, das Kostüm, alles spielt mit, ist aber nicht nur schön und elegant, sondern ist (wie die Musik) aus dem Geiste der Figuren entwickelt. (Text-Stand: 29.4.2014)
Foto: BR / Degeto / Kerstin Stelter