Frühling zu zweit

Thomalla, Froboess, Ninidze, Girnth. Die Dorfhelferin wird wieder in der Liebe aktiv

Foto: ZDF / Jacqueline Krause-Burberg
Foto Rainer Tittelbach

Die „Frühling“-Reihe im ZDF weiß seit 2011 recht geschickt mit den horizontalen Familien-Geschichten ihrer Protagonisten umzugehen, strapaziert dafür aber die Glaubwürdigkeit der Themen durch die Ballung der Konflikte. Obwohl die Nebenfiguren zurückgenommen sind, gilt das auch für „Frühling zu zweit“, den neunten Film der Dorfhelferinnen-Reihe mit Simone Thomalla. Die Gastrollen sind mit Cornelia Froboess und Merab Ninidze einmal mehr gut besetzt. Ninidze dürfte allerdings länger bleiben, denn er spielt die neue Liebe der Heldin.

Gerade hat Katja Baumann erfahren, dass sie die Dorfhelferinnen-Station künftig leiten soll, da winkt schon der nächste Notfall in Gestalt der Bäuerin Maria Sindlfinger. Die verwitwete Frau um die 70 hat sich den Arm gebrochen, ist trotzdem einen Tag vor ihrem Geburtstag außer Rand & Band – und nicht im Krankenhaus zu halten. So muss sich Katja bald nicht nur um den vernachlässigten Hof der Alten, sondern auch um deren Seelenheil kümmern. Das ist nicht einfach, ist doch diese vereinsamte Maria die Grantigkeit in Person. Dass nebenan, in das Haus, das in glücklicheren Zeiten der Familie Sindlfinger gehörte, eine gut gelaunte türkische Familie aus Berlin einzieht, macht die Situation keineswegs entspannter. Allein für die sonst so vernünftige Katja kommt es zu einer Begegnung der ganz besonderen Art: Cem, der Bruder der Hausherrin, könnte der Mann sein, von dem sie immer geträumt hat. Im Leben mit beiden Beinen auf dem Boden und in der Liebe ein heilloser Romantiker. Doch wie soll das gehen? Er wohnt in Berlin, ist nur zum Umzug mitgekommen. Und Katja weiß spätestens, seitdem sie Chef-Dorfhelferin ist, dass Frühling ihre neue Heimat ist und bleiben wird.

Die „Frühling“-Reihe im ZDF weiß einerseits in Familienserien-Manier recht geschickt mit den horizontalen Geschichten ihrer Protagonisten umzugehen, strapaziert aber andererseits die Glaubwürdigkeit der verhandelten, oft recht hübsch gedrechselten Konflikte dadurch, dass sie in einer ziemlichen Ballung auf den Zuschauer losgelassen werden. In „Frühling zu zweit“ sind zwar die durchgängigen Nebenfiguren zurückgenommen, agieren die Tochter und der Tierarzt-Freund der Heldin in gebührendem Abstand zur Haupthandlung, dennoch konnte es sich Autorin Nathalie Scharf nicht verkneifen, die Dramaturgie und die Figurenkonstellationen überdeutlich mit Kontrasten und Gegensatzpaaren auszustatten. Da ist diese unfreundliche Bäuerin und da ist dieser lustige Türken-Clan. Da grübelt die Alte allein vor sich hin, während die anderen gemeinsam ein tolles Fest feiern. Da sorgt sich Kiki um ihre Mutter, während die alte Sindlfinger seit Jahren nichts mehr von ihrem Sohn gehört hat. Und kaum hat Katja mit Frühling ihren Frieden geschlossen, möchte bleiben, da ausgerechnet trifft sie Amors Pfeil.

Frühling zu zweitFoto: ZDF / Jacqueline Krause-Burberg
Die Dorfhelferin und die Giftspritze, nachdem die Läuterungsschablone auf die Handlung gelegt wurde. Simone Thomalla und Cornelia Froboess – die Besetzung stimmt in „Frühling zu zweit“ und so gut wie immer in dieser „Herzkino“-Reihe!

Soundtrack: Benden Izler („Kirmzi Biber“), Lenka („Don’t Let Me Fall“), Caro Emerald („You Don’t Love Me“ / „Just One Day“), Lena („Mr. Arrow Key“), Brian Wilson („When You Wish Upon A Star“)

Und hat es nun bei ihr emotional klick gemacht, sitzen plötzlich die beiden anderen beziehungstechnisch auf dem Trockenen. Projektionsflächen können die Dramaturgie verdichten und für den Zuschauer bereichernd sein. In den Dramödien aus dem fiktiven bayerische Dorf Frühling ist es aber meistens ein Tick zu viel. Was sich vor vier Jahren – in Verbindung mit dem Dorfhelferinnen-Thema und der mitunter beiläufigen Art des Spiels – noch angenehm abhob von den ZDF-Sonntagsschmonzetten der 00er Jahre – hat sich nach neun Episoden mittlerweile irgendwo zwischen Familienserien-Alltag, Themen-Dramolett und entsprechenden Konfliktlösungsstrategie eingependelt. Das lässt sich leicht und locker weg schauen, aber es lässt sich auch problemlos weg schalten, weil man den Eindruck hat, immer die gleiche Geschichte erzählt zu bekommen. Das machen Serien zwar auch, aber die gibt es häufiger und deren Figuren kommt man deshalb näher und hat sie ein bisschen mehr lieb.

Dass sich – wie am Sonntag im „Herzkino“ generell – auch in und um Frühling etwas Grundlegendes tun sollte, haben die Macher offenbar selbst erkannt. Die Liebe könnte, so sie denn ernsthaft verhandelt wird, in Kombination mit dem Motiv Fernbeziehung, der Reihe durchaus neue Inspiration und emotionale Intelligenz verleihen. Wenn das über die küchenpsychologische Toleranz der Heldin und das larmoyante Trübsalblasen ihres einst in sie verliebten Mitbewohners hinausgehen würde, könnte die Reihe auch weiterhin eine Bereicherung des Pilcher-Lindström-Biotops sein. Die Besetzungen (nach Aglaia Szyszkowitz, Kai Wiesinger & Maria Simon diesmal Cornelia Froboess, der man allerdings eine etwas weniger grobschlächtige Läuterungsdramaturgie gewünscht hätte) konnten sich ja schon immer sehen lassen. „Liebe und der ganze Mist, der funktioniert doch nur in irgendwelchen Schnulzen; aber mit der Realität hat das rein gar nichts zu tun“, weiß Marco Girnths desillusionierter Mark am Ende von „Frühling für zwei“. Mal sehen, was die Dorfhelferin und ihr Zahnarzt zur Liebes(film)theorie künftig beizutragen haben. (Text-Stand: 22.3.2015)

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Reihe

ZDF

Mit Simone Thomalla, Cornelia Froboess, Merab Ninidze, Carolyn Genzkow, Marco Girnth, Ava Celik, Vedat Erincin, Jan-Hendrik Kiefer, Florentine Lahme, Johannes Herrschmann

Kamera: Peter Joachim Krause, Benjamin Dernbecher

Szenenbild: Uta Hampel

Produktionsfirma: UFA Fiction, Seven Dogs Filmproduktion

Drehbuch: Nathalie Scharf

Regie: Michael Karen

Quote: 5,40 Mio. Zuschauer (14,4% MA); Wh.: 4,15 Mio. (13,1% MA)

EA: 22.03.2015 20:15 Uhr | ZDF

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