Friesland – Familiengeheimnisse

Florian Lukas, Sophie Dal, Underberg & die friesische Krimihumor-Landschaft

Foto: ZDF / Guido Engels
Foto Thomas Gehringer

Ein toter Türsteher, zwei Gangster und schwunghafter Drogenhandel beschäftigen die friesischen Ermittler in „Familiengeheimnisse“, der zweiten Folge der „Friesland“-Reihe. Jens Jensen und Süher Özlügül liefern sich einen humorvollen, Funken sprühenden Wettkampf um den freien Posten der Polizei-Dienststellenleitung. Und gemeinsam mit Apothekerin Insa Scherzinger sind sie dem Stadt-Bullen immer einen Schritt voraus. Nur dezente Spannung, aber gute Besetzung in einem humorvollen Underdog-Krimi, der wie ein Witz mit umgekehrten Vorzeichen funktioniert: Blondinen und Ostfriesen gewinnen am Ende immer.

Im zweiten Film der „Friesland“-Reihe wird der Sohn eines Bio-Bauern im Moor versenkt. Das schwer verletzte Opfer kann sich zwar aus dem Sack befreien und auf festen Boden retten, stirbt dann aber doch an den Folgen eines Schlags auf den Kopf – wie Apothekerin Insa Scherzinger (Theresa Underberg) gleich mal ermittelt hat, weil ihr die Leiche zufällig beim Fahrradfahren in die Quere kam. Währenddessen haben Jens Jensen (Florian Lukas) und Süher Özlügül (Sophie Dal), das Polizei-Duo aus dem friesischen Leer, einen heiklen Einsatz auf einem Schiff. Ohne Verstärkung heben sie eine illegale Spiel-Hölle aus, Modell Friesland: „Chicken Shit Bingo“ ist genau das, was man sich darunter vorzustellen hat, und findet auch bei Sühers Vater, dem türkischen Hafenmeister Günesh Özlügül (Tayfun Bademsoy), sowie Bestatter Wolfgang Habedank (Holger Stockhaus) begeisterten Anklang.

Friesland – FamiliengeheimnisseFoto: ZDF / Guido Engels
So ist das auf dem Land: Irgendwo liegt immer eine Leiche rum. Und wenn man sie zufällig beim Radfahren entdeckt. Florian Lukas, Sophie Dal, Therese Underberg

Kaum eingeführt, wurde das „Friesland“-Ensemble bereits verändert. Den Bestatter spielte bei der Premiere noch Matthias Matschke, der jedoch kurz zuvor auch als Ermittler in der ZDF-Reihe „Helen Dorn“ an den Start gegangen war. Auf ihn folgt nun in „Friesland“ Holger Stockhaus. Geblieben sind Habedanks steife Biederkeit, die sehr schön mit seinem antörnenden Nebengeschäft kontrastiert, der Hanfplantage im Keller. Geblieben ist auch das dramaturgische Prinzip dieser Kriminalkomödie vom Lande: Die Underdogs aus der Kleinstadt sind dem großmäuligen Kommissar Brockhorst (Felix Vörtler) aus der Stadt immer einen Schritt voraus. Jensen kennt das Opfer, das als Türsteher in der örtlichen Disco arbeitete und offenbar mit Drogen handelte. Gleichzeitig tauchen zwei Gangster namens Blohm und Voss (!) bei Sühers Vater auf und fordern eine alte Schuld ein. Wirklich nur eine Verwechslung, oder ist der Hafenmeister in Wahrheit „Koka-Kemal“, der früher Drogen geschmuggelt hatte?

Soundtrack: David Bowie („Suffragette City“), Will Smith („Getting Jiggy With It“), George Michael („Killer“), Nirvana („Smells Like Teen Spirit“), Bob Sinclair feat. Steve Edwards („World, Hold On“), Stretch („Why Did You Do It“), Achim Reichel & Erich Doll („Rolling Home“), Knut Kiesewtter („Mark, mark, seggt de Kreih“), Pete Wingfield („18 With A Bullet“), Bryan Ferry („Let’s Stick Together“)

Friesland – FamiliengeheimnisseFoto: ZDF / Guido Engels
Nebenverdienste? Papa Süher (Tayfun Bademsoy) und Bestatter Habedank (Holger Stockhaus)

Die Ungewissheit über Özlügüls Vergangenheit und das rüde Vorgehen der Gangster sorgen zeitweise für dezente Spannung. Die Frage dagegen, wer den Mord begangen hat, bleibt eher Nebensache. Kriminalistische Raffinesse steht in dieser komödiantischen Reihe nicht im Vordergrund. Dafür lebt auch die Folge „Familiengeheimnisse“ von der Dynamik und dem Witz der sympathischen Figuren. Im Zentrum stehen Jens und Süher, die sich eigentlich mögen, aber das (noch) nicht zugeben können, zumal sie um die freie Stelle der Dienststellen-Leitung konkurrieren. Florian Lukas als braver, etwas ungeschickter, dann aber überraschend gewitzter Dorfsheriff ist eine Top-Besetzung. Und es funkt auch im Zusammenspiel mit Sophie Dal, die es freilich schwerer hat, weil ihre Figur – die kluge, strebsame Einwanderer-Tochter – nicht so leicht zur Identifikation einlädt. Wie beide miteinander streiten und kabbeln, wie sie sich entfernen und wieder annähern, das hält den Film in Bewegung. Als Dritte im Bunde sorgt Apothekerin Scherzinger für Anflüge von Eifersucht. Ihr in Folge 1 noch sehr präsenter Ex-Ehemann taucht gar nicht mehr auf, um so mehr umschmeichelt sie „Jensi“.

Scherzinger, von Underberg herrlich naiv gespielt, und die anderen, meist stark überzeichneten Charaktere dienen als komödiantische Beschleuniger in dieser friesischen Humor-Landschaft. Die Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf legen ihren Figuren hin und wieder harmlos-spitze Bemerkungen zu Themen wie Multikulti, Öko-Landwirtschaft und Energiewende in den Mund, greifen aber auch gerne in die unteren Schubladen des Humorschranks. Wie der Kommissar zum Beispiel seinen Kollegen aus Leer immer wieder über den Mund fährt, das hat dank gepfefferter Dialoge Unterhaltungswert. Seine Potenzprobleme machen ihn gleichzeitig zu einer Witzfigur, die telefonisch einen „steifen Wagen“ ordert und von Hobby-Forensikerin Scherzinger um den, haha, erigierten Zeigefinger gewickelt wird. Immerhin funktionieren hier auch die plattesten Witze dank umgekehrter Vorzeichen: Blondinen und Ostfriesen gewinnen immer. (Text-Stand: 7.1.2015)

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Reihe

ZDF

Mit Florian Lukas, Sophie Dal, Therese Underberg, Tayfun Bademsoy, Felix Vörtler, Holger Stockhaus, Tim Wilde, Michael Schenk, André Jung, Eva-Maria May, Marc Rissmann

Kamera: Simon Schmejkal

Schnitt: Günter Schultens

Musik: Carsten Rocker

Produktionsfirma: Eyeworks Fiction & Film

Drehbuch: Arne Nolting, Jan Martin Scharf

Regie: Dominic Müller

Quote: 6,05 Mio. Zuschauer (19,2% MA)

EA: 07.02.2015 20:15 Uhr | ZDF

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