Der „Alte Fritz“ ist eine der monumentalen Erscheinungen der Geschichte. Er war Dichter und Feldherr, Schöngeist und Despot. „Er ist mehr als der verknöcherte Geizkragen im verschlissenen preußischen Blaurock“, so Projektleiter Rolf Bergmann vom RBB. „Wenn Ihnen zum Stichwort ‚Großer König’ nur preußischer Militarismus und große Schlachten einfällt, dann haben wir vielleicht etwas mehr zu bieten…“ So beginnt das Doku-Drama „Friedrich – Ein deutscher König“, das sich eine nicht unpassende Irritation erlaubt: Der König wird als Greis von Katharina Thalbach & in jungen Jahren von Anna Thalbach gespielt.
Foto: RBB / Arte / Tom Schulze
Autor-Regisseur Jan Peter über die Machart des Doku-Dramas:
„Wir haben uns ganz klar gegen die reine Illustration von Sprechertexten entschieden. Mit der Grundentscheidung, Friedrich von Katharina und Anna Thalbach spielen zu lassen, öffnen wir den Raum für eine echte filmische Erzählung, für dreidimensionale Figuren, die durch ihr Handeln und Erleben den Film vorantreiben und nicht Getriebene eines vorgegebenen Textes sind.“
Zum 300. Geburtstag haben sich Arte und einige ARD-Sender daran gemacht, den Mythos von Friedrich dem Großen zu entstauben und seine Biographie einer pointierten Revision zu unterziehen. „Er ist als Mädchen auf die Welt gekommen. Ich werde dafür sorgen, dass er ein Mann wird“, schimpft Friedrichs Vater, der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. Mit dem drastischen Vater-Sohn-Konflikt befasst sich der Film von Jan Peter im ersten Drittel. Friedrich ist das Soldatenleben in jungen Jahren verhasst. Er hegt Abscheu gegen den Vater, der ein riesiges Heer aufbaut. Doch nicht er, sondern Friedrich, der Ästhet, der „Weichling“, wird diese Truppen als König aufmarschieren lassen. Aus „dem schlechtesten Rekruten“ wird einer der namhaftesten Feldherren Preußens. Der Film erzählt auch, dass der im Alter als Menschenfeind verschriene Friedrich Zeit seines Lebens ein Frauenhasser war, dass er nichts für seine Gattin Elisabeth Christine empfand, dass er stärker dem männlichen Geschlecht zugeneigt war, ohne dass er seine Neigung ausgelebt hätte. Jan Peter interpretiert diesen König als einen, der im „Kalten Krieg“ mit dem Vater die Kunst der Verstellung gelernt habe und sich auch als Erwachsener wie in einem Rollenspiel durchs Leben bewegt habe. Die Kraft der Texte und das Spiel der Thalbachs perfektioniert die Tragik, die über Friedrichs Vita liegt. Der Film zeichnet in Schlaglichtern Momente großer Poesie, und er hat die stärksten Momente, wenn Ironie und Spielfreude durchschlagen. Dann rückt dieses Doku-Drama, ein Stück intelligentes, sinnliches Bildungsfernsehen, weit davon ab, historische Thesen zu bebildern, dann schafft es (s)eine eigene Wirklichkeit. (Text-Stand: 18.12.2011)