Ursprünglich sollte dieser Krimi mal ein „Tatort“ werden. Das allein mag ja noch kein Qualitätsmerkmal sein, doch für einen Film im Dritten Programm ist die Geschichte tatsächlich eine Nummer zu groß; und zu schade obendrein. Selbst das Dialekt-Argument zieht nicht, denn die Figuren sprechen ein Fränkisch, dem man auch ein paar hundert Kilometer nördlich gut folgen kann. Trotzdem ist „Freiwild“ ausdrücklich ein Heimatkrimi. Der Film war Auftakt für eine ganze BR-Reihe, deren Beiträge aus immer wieder anderen Gegenden des Freistaats stammen, darunter auch die beliebten „Kluftinger“-Krimis.
Dabei hätte man sich gut vorstellen können, dass Peter Haller auch Held der nächsten Filme geworden wäre: Der Würzburger Kommissar würde als Original selbst die „Polizeiruf“-Reihe schmücken, zumal Thomas Schmauser dem leicht kauzigen Ermittler nicht bloß skurrile, sondern auch durchaus liebenswerte Seiten abgewinnt. Unübersehbar größte Schwäche des Polizisten ist Klara (Jana Striebeck), die Frau aus seinem Blas-Ensemble, die dummerweise mit seinem besten Freund verheiratet ist. Perfekter Gegenentwurf zu Peter, dem Trompeter, ist Mitarbeiterin Birgit Sacher (Teresa Weissbach), die mit unpassendem Schuhwerk und viel zu kurzen Röcken über Würzburgs Kopfsteinpflaster stöckelt, sich aber von Hallers traumhafter Aufklärungsquote einen Karriereschub erhofft.
Peter Probst, routinierter Autor unter anderem der Bestseller-Adaptionen von Gattin Amelie Fried („Der Mann von Nebenan“), hat jedoch nicht nur sehenswerte Figuren geschaffen, sondern auch einen angemessen rätselhaften Fall: In einem Feld wird die halbverweste Leiche einer jungen Mexikanerin gefunden. Sie wurde erst vergewaltigt und dann erschlagen; „Sexmord im Paradies“ titelt die örtliche Boulevardzeitung prompt. Rasch findet Haller raus, dass sie Angela hieß und als Au-pair-Mädchen in der Familie des überaus angesehenen Bauunternehmers Täschner (André Jung) gearbeitet hat. Dessen Frau (Lena Stolze) ist mittlerweile auf und davon, Sohn (Tino Hillebrand) völlig durch den Wind, was ihn naturgemäß verdächtig macht. Dabei hätte ein anderer viel stärkere Motive: Täschners Bauleiter (Max von Pufendorf) hatte ein Verhältnis mit Angela, dabei aber verschwiegen, dass er verheiratet ist. Für die feinen Unterschiede zwischen Ober- und Unterfranken wird man nördlich des Weißwurstäquators wenig Verständnis haben, aber ansonsten ist der trockene Humor des Würzburger Ermittlers ein wahrer Genuss.