Emilia – Die zweite Chance

Senta Berger als couragierte Leiterin eines Heims für straffällige Jugendliche

Foto: BR / TV 60 / Erika Hauri
Foto Rainer Tittelbach

Heimleiterin statt Staatssekretärin. Senta Berger macht das schon. „Emilia“ nach den Drehbüchern von Gabriela Sperl sollte eine Reihe für die ARD werden. Das Ganze ist einen Tick zu gut gemeint. Im Auftaktfilm ist vor allem Hannah Herzsprung sehenswert.

Emilia Seiler ist Referentin im Bayerischen Staatsministerium, und sie steht kurz vor ihrem letzten Karrieresprung: Sie soll Staatssekretärin werden. Doch es kommt anders. Seiler, die die liberalen Richtlinien „Heim statt Haft“ in Bayern durchgesetzt hat, muss in einem Provinz-Jugendheim Feuerwehr spielen. Eine Heimbewohnerin hat den Leiter von „Haus Lechthal“ in Landsberg des sexuellen Missbrauchs angezeigt. Kommissarisch tritt die Frau aus München die Heimleitung an, doch dieser Frau, die die Jugendlichen nicht als „Fälle“ sieht und ein Heim nicht als einen Betrieb, der funktionieren muss, ist ein Licht aufgegangen. Und so entscheidet sie sich gegen den vermeintlich krönenden Abschluss’ eines erfolgreichen Arbeitslebens und fällt stattdessen lieber die Karriereleiter nach unten – mitten ins Leben.

Wer könnte diese Emilia Seiler besser spielen als Senta Berger? Sie, die in ihren Rollen zunehmend das Unorthodoxe und das bei allem verbindlichen Schein Widerborstige sucht, ist eine Frau, deren Protagonisten man das soziale Engagement gerne abnimmt. Im Leben wie im Film strahlt sie Erfahrung und Klugheit aus, sie ergreift das Wort und zeigt Courage. Senta Berger ist nicht nur Schirmherrin von „Stark gegen den Schmerz“, sie setzt sich auch für „Plan international“ ein, eine Organisation, die für die Gleichberechtigung von Mädchen in aller Welt eintritt. „Wenn man von Senta Berger an die Hand genommen wird, geht man bereitwillig Wege, auf denen man sonst nur Wenige freudig begleitet“, sagt die Drehbuchautorin Gabriela Sperl. Denn das Thema von „Emilia“ ist kein Leichtes: die Erziehung von schwer erziehbaren Jugendlichen, von Kindern, die abrutschen, so etwas ist breitenwirksam nur schwer zu vermitteln. Mit Senta Berger geht das.

Emilia – Die zweite ChanceFoto: BR / TV 60 / Erika Hauri
In der ersten Episode geht es um ein „Problemmädchen“. Top-Besetzung: Senta Berger, Hannah Herzsprung & Misel Maticevic

Für das Thema war die Schauspielerin gleich Feuer und Flamme. „Jugendliche im Heim nehmen wir nur noch wahr, wenn sie bei einem Ausflug eine Tankstelle überfallen haben, und essgestörte Mädchen nur dann, wenn es sie in unserer Familie gibt“, muss Senta Berger feststellen. „Mich interessiert, was das für Phänomene sind, wo sie herkommen, was man tun könnte und tatsächlich tut und was der Staat sich leistet und was er sich nicht leistet im Wiederauffangen dieser Kinder, die ja die Gesellschaft von morgen sind.“ Gute Dokus zum Thema kennt sie, abendfüllende Spielfilme, die mit der Jugendheimproblematik unterhaltsam umgehen, kennt sie nicht. Deshalb freute es sie, dass die ARD aus „Emilia“ eine Reihe machen möchte. Für die Titelfigur gab es im übrigen ein Vorbild: Susanne Kornberger, die mit gettoisierten, nicht integrierten Kindern in den Randbezirken von München zusammenarbeitet.

Schon im Auftaktfilm „Emilia – Die zweite Chance“ (morgen gibt es „Familienbande“) nimmt einen die Aura der Hauptfigur gefangen. Allein über ihren Blick nähert sich der Zuschauer den Jugendlichen, die Heldin federt so die Probleme stellvertretend ab. Der Zuschauer wird nicht in den Strudel der Emotionen hineingezogen. Selbst das Mitgefühl für die Seiler hält sich in Grenzen: die kriegt das schon hin, ist man sicher. Und so wird man trotz tragischer Momente am Ende vielleicht ein wenig zu versöhnlich aus dem Film entlassen. (Text-Stand: 5.10.2005)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

ARD Degeto, BR

Mit Senta Berger, Hannah Herzsprung, Misel Maticevic, Peter Sattmann, Anna Schudt, Rosalie Thomass

Kamera: Alexander Fischerkoesen

Szenenbild: Michael Björn Köning

Produktionsfirma: TV60 Filmproduktion

Produktion: Bernd Burgemeister, Kerstin Schmidbauer

Drehbuch: Gabriela Sperl

Regie: Tim Trageser

EA: 05.10.2005 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach