Aus einem Mutter-Tochter-Urlaub wird ein Familientreffen. Es ist kein Zufall, dass die gerade arbeitslos gewordene Susanne (Ann-Kathrin Kramer) und ihre Tochter Jana (Valerie Huber) auf Mykonos Gesellschaft bekommen von Janas Vater Jens (Michael Fitz). Der war als Schiffbauingenieur jahrelang in der Welt unterwegs und hat immer wenig Zeit gehabt für seine Tochter. Das lag aber auch mit an Susanne, die ihn als Partner wie als Vater bewusst auf Distanz gehalten hat. Dennoch konnte sie Jana die Enttäuschung über ihren Vater nicht ersparen. Jetzt hat sie das Treffen eingefädelt, weil es ihre angespannte finanzielle Lage nicht erlaubt, ihrer Tochter das Tiermedizinstudium zu finanzieren. „Wieviel?“, fragt Jens sofort, er weiß, es kann mal wieder nur um Geld gehen. Zwar wäre er schon bereit Jana, für die er durchaus väterliche Gefühle hegt, zu unterstützen, doch auch er ist nicht flüssig, hat gerade erst ein Boot gekauft, mit dem er – frisch pensioniert – die Welt umsegeln möchte. Das Geld-Problem könnte schneller gelöst sein als gedacht. Denn das Boot birgt einen ungeahnten „Schatz“. Und auch in Sachen Liebe tut sich was: Nicht nur, dass sich Vater und Tochter nach längerer Funkstille schnell wieder nahe sind, auch in amouröser Hinsicht verpflichtet Mykonos: Aber müssen sich ausgerechnet Jens und Susannes beste Freundin Britta (Nina Kronjäger) finden?! Dass sich Jana in den Polizisten Nikos (Daniel Rodic) verliebt, könnte auch zum Problem werden, denn auf Anweisung aus Athen soll dieser Janas Vater verhaften.
Ein bisschen Trennungsfamilien-Alltag, Elternliebe, junge Liebe, ein Bündel mexikanische Pesos, dazu ein romantisches Inselparadies, azurblaues Meer, klarer Himmel und strahlender Sonnenschein – das sind die Ingredienzien des ZDF-Fernsehfilms „Ein Sommer auf Mykonos“. In diesem mediterranen Ambiente sind mit der Zeit alle Figuren des sympathischen Quartetts bereit, sich unliebsame Wahrheiten sagen zu lassen. Es geht um eine Mutter, die immer besser weiß, was für die anderen gut ist und die stets einen Plan hat, und um einen Vater, Typus Abenteurer, der entweder abwesend war oder – wenn einmal nicht – sich lieber rausgehalten hat aus den Belangen der „Familie“. Und im Mittelpunkt steht die Tochter, die zu Beginn des Films auf beide Elternteile nicht gut zu sprechen ist, anfangs jede Unterstützung von ihrem Vater ablehnt, dann aber doch einknickt, als er ihr einen Umschlag mit einem Bündel Scheinen vor die Nase hält. Und da die Sache mit dem Geld bittere Folgen hat, muss in der zweiten Filmhälfte plötzlich die Tochter dem Vater unter die Arme greifen. Unterstützt wird sie dabei von dem zweiten Mann im Spiel, der ihre Liebe will, sie aber nur uneingeschränkt bekommt, wenn er dem Vater hilft. Damit könnte er mit dem Gesetz in Konflikt geraten, für ihn als Polizist eine prekäre Situation. Und dann ist da noch das, was sich zwischen Susannes bester Freundin und Susannes Ex anbahnt. Autor Thomas Kirdorf, seit 30 Jahren vor allem im Komödienfach („Das beste Stück vom Braten“) unterwegs und jetzt zum siebten Mal für die „Herzkino“-Reihe „Ein Sommer…“ tätig, konstruiert aus den fünf tragenden Charakteren einen munteren Beziehungsreigen, der trotz einer Verhaftung den typischen Sommerurlaubscharakter nicht verliert und nie wirklich dramatisch wird. Das wäre auch unangemessen. Die Sache mit den Pesos und Gefängnis ist – obwohl gar nicht so unrealistisch – nur Vorwand, um die verschiedenen Liebesvarianten auf die Probe zu stellen.
„Ein Sommer auf Mykonos“ ist ein kleiner Lichtblick am Horizont des ZDF-„Herzkinos“. Der Film wirkt weniger piefig als die pilcheresken Plot-Ungetüme oder die Villa Kunterbunt-Idyllen aus dem „Inga-Lindström“-Mikrokosmos. Es sind nicht nur die alltagsnäheren Beziehungsprobleme und die zeitgemäßen Charaktere, auch die gesamte Anmutung des Films ist frischer und weniger formelhaft. Auch wenn die 90 Minuten von der Story her belanglos bleiben wie fast alle romantisch-komödiantischen ZDF-Sonntagfilme, so lässt sich doch dieser richtig gut weggucken. Und das ist auch wortwörtlich gemeint: Regisseur Jophi Ries (ein Highlight: „Ein Sommer auf Lanzarote“) und die Kameramänner Vladimir Subotic und Simon Farmakas finden eine gute Balance aus modischer Hochglanzfotografie und authentischem südländischem Flair. Die Bilder zwischen den Spielszenen fangen die Schönheit von Mykonos, die ja schnell zum Klischeebild werden könnte, im Stil luftig montierter Impressionen ein. Und in Handlungsszenen versuchen die für einen Unterhaltungsfilm vielfältigen Kamerablicke und die kleinteilige Auflösung stets das pittoreske griechische Ambiente in die Bildgestaltung mit einzubeziehen. Die Figuren sind viel in Bewegung, ihr Verhalten wirkt beiläufig und wird entsprechend locker von der Kamera eingefangen.
Die Stimmung, die dadurch entsteht, ist vielleicht das Bemerkenswerteste an diesem Film. Das Happy End nimmt man gern mit, weil die Figuren näher am realen Leben sind als in anderen „Alles-wird-gut“-Märchen. Und es kommt auch nicht zum Kuss vor untergehender Sonne. Hier macht jeder sein Ding, und die Liebe ist nur die zweite Option. Mitentscheidend für den positiven Gesamteindruck (im Rahmen des Genres) sind auch die Schauspieler, allen voran Michael Fitz – Inbegriff reifer Coolness und somit eine Idealbesetzung. Valerie Huber und Daniel Rodic sind ein Paar zum Hingucken und Gernhaben, auch Ann-Kathrin Kramer und Nina Krönjäger, beide meist eine sichere Bank, sind überzeugend in ihren Rollen. Den Kritiker freundlich stimmt auch der Soundtrack (Bealtles, CCR, Steely Dan). Playlisten lügen nicht; Jana hört von Anfang an die Papa-Disc. „Ein Sommer auf Mykonos“ macht richtig Lust auf Urlaub. Aber anders als „Traumschiff“ & Konsorten. Denn der Film zeigt, dass Urlaub nicht nur Sonnenbaden und Sightseeing sein muss, sondern einem auch den Kopf frei machen kann – um zum Beispiel über sich und seine Nächsten nachzudenken. (Text-Stand: 15.1.2020)