Dimitrios Schulze

Bousdoukos, Breinersdorfer, Kaya. Multikulti-Krimikomödie um einen rappenden Anwalt

Foto: SWR / Johannes Krieg
Foto Volker Bergmeister

Noch so ein Sohn Mannheims! Adam Bousdoukos ist „Dimitrios Schulze“, ein rappender Anwalt, der sich in bester „Liebling Kreuzberg“-Manier für die Kleinen einsetzt und für Gerechtigkeit sorgt. Zudem liefert er sich mit dem superkorrekten Revierpolizisten Cakmak eine Dauerfehde. Das Buch stammt vom Juristen und versierten Autor Fred Breinersdorfer („Anwalt Abel“), Cüneyt Kaya führt Regie in dieser Krimikomödie, aus der man im Ersten bei guter Publikumsresonanz eine Serie machen will. Könnte klappen, auch wenn echt Skurriles beim Pilotfilm noch ein wenig dünn gesät ist und manches nur bemüht witzig ist.

Vorsicht, lustig! Ein Typ sitzt am Schreibtisch vor einer riesigen Fototapete und löst ein Kreuzworträtsel. Gesucht wird: Verbrecher, Halunke, mit sechs Buchstaben. Er hat die richtige Antwort: Anwalt. Er muss es wissen, denn er heißt Dimitrios Schulze (Adam Bousdoukos) und ist – Anwalt. Aber er ist ein Guter. Er ist der gute Mensch vom Jungbusch, dem Mannheimer Stadtteil, in dem das Multikulti-Herz der Stadt schlägt. Der gebürtige Grieche hilft Mama (Despina Pajanou) im Gemüsegeschäft, doch wenn sein Telefon klingelt, dann verwandelt er sich in einen Anwalt der Kleinen und setzt sich trickreich für seine Mandanten ein. Da ist die drogenabhängige Samira (Gizem Emre) aus Marokko. Die braucht seine Hilfe, weil sie im Laden von Dimitrios Freundin Abeo (Zodwa Selele) Schmuck geklaut hat. Eine Wiederholungstat. Es gelingt ihm, die Junkiebraut aus der Untersuchungshaft zu holen und in die Psychiatrie zu tricksen. Doch sie wird von ihrem Zuhälter wieder aus der Klinik geholt. Ein weiterer Fall wartet kurz darauf auf den Anwalt. Bauleiterin Alexa wird des versuchten Totschlags an Samiras Zuhälter-Freund beschuldigt. Und auch hier legt sich Dimi mit seinem Intimfeind Sultan Cakmak (Kida Khodr Ramadan) an. Der ist der Ermittler in beiden Fällen. Die beiden waren mal die besten Freunde, bis Dimi ihm die Freundin ausgespannt hat. Das war Anwältin Laura Pellegrini (Liane Forestieri), Dimitrios hat sie längst sitzen gelassen. Jetzt erhebt sie den Vorwurf, Dimi habe mit ihrer Hilfe bei einer Prüfung betrogen. Klar, dass Sultan sofort eine Hausdurchsuchung bei Dimitrios in Gang setzt. Doch der hat einen guten Draht zur Ermittlungsrichterin Dr. Eszter Petöfi (Eleonore Weisgerber).

Dimitrios SchulzeFoto: SWR / Johannes Krieg
Ein Fall für Dimi! Dimitrios (Adam Boudoukos), Helena (Despina Pajanou) und Athene (Sotiria Loucopoulos) Schulze können es nicht fassen: Die Dame vom Zoll (Lisa Charlotte Friederich) kommt mit einer Anzeige gegen den Laden der Schulzes.

Anwaltsserien haben eine lange Tradition im deutschen Fernsehen. Auch wenn der Beruf im richtigen Leben auf der Imageskala eher im unteren Mittelfeld zu finden ist, beim fiktionalen Erzählen kommen die Advokaten beim Publikum meist gut an. Und so denkt man bei „Dimitrios Schulze“ sogleich an die legendäre Serie „Liebling Kreuzberg“ mit dem gerade erst verstorbenen Manfred Krug. Der schlenderte Pudding essend durch Berlin und zeigte sich trickreich und leidenschaftlich, wenn seine meist kleinen Mandanten in Not waren. Das gilt auch für Dimitrios. Der liebt zwar keine Götterspeise, dafür hat er ein Faible für Rap-Musik. Und macht sie auch noch. So zeigt er sich in seinen Werbevideos als rappender Advokat. Ja, es ist 2017, und wir sind im Multikulti-Deutschland angekommen. Ein Grieche (Dimi) und ein Türke (Sultan) bekämpfen sich, Aisha mit dem Kopftuch ist Dimis Assistentin und die Videokamera hat sie immer dabei („Aishe, film das!“). Eine Marokkanerin und eine Bulgarin brauchen die Hilfe des Anwalts, und die Ermittlungsrichterin Dr. Petöfi ist gebürtige Ungarin.

Geschrieben hat die Geschichte um den Gerechtigkeitsfanatiker „Dimitrios Schulze“ Fred Breinersdorfer. Der ist selbst Anwalt und seit Jahrzehnten versierter TV-Film-Autor, hat mit „Anwalt Abel“ schon einmal eine solche Figur geschaffen und sagt über seinen Helden: „Dimi Schulze ist keine erfundene Figur. Dimi lebt überall, wo es Kieze gibt wie in Berlin oder Dortmund, in Flensburg oder Passau. Menschen wie er kommen zum Glück überall in Deutschland vor. Es sind die Sich-selbst-Erfinder, die fähigen und trickreichen Großmäuler, die charmanten, augenzwinkernden Durchwurstler. Sie eint eines: ein untrüglicher Sinn für Gerechtigkeit. Dass Dimi Anwalt ist, macht die Sache etwas komplizierter, denn er muss Recht und Gerechtigkeit auf einen, gerne auch nicht den kleinsten Nenner bringen.“ Der Autor kommt aus Mannheim, kennt den Jungbusch. Und er weiß, wie man Vorgeschichten der Figuren geschickt in ein Drehbuch einflechtet. So erfährt man Stück für Stück, warum Dimitrios und der oberkorrekte Polizist Sultan Cakmak im Dauerclinch liegen und warum Anwaltskollegin Laura dem griechisch-deutschen Advokaten das Leben schwer macht.

Dimitrios SchulzeFoto: SWR / Johannes Krieg
Zusammentreffen der Kontrahenten. Sultan Cakmak (Kida Khodr Ramadan) glaubt einen wasserdichten Fall in Händen zu haben, bei dem der Staatsanwalt (Andreas Helgi Schmid) ganz auf seiner Seite ist. Aber Dimitrios Schulze (Adam Bousdoukos) ist ganz anderer Meinung was den Überfall auf Abaki (Burak Yigit) angeht.

In Szene gesetzt hat die muntere Krimikomödie Cüneyt Kaya, der 2013 mit „Ummah – Unter Freunden“, einem Drama um einen verdeckten Ermittler in der rechten Szene“, sein Spielfilmdebüt gab und nun zeigt, dass er auch mit einem leichten Stoff umgehen kann, ein gutes Gespür für skurrile Momente hat und liebevoll mit vielen kleinen Details arbeiten kann. Der eigentliche Krimi-Plot ist nicht sonderlich aufregend, aber er steht auch nicht so sehr im Mittelpunkt. Das „Duell“ zwischen den alten Freunden Dimitrios und Sultan gibt dem Film die unterhaltsame Note, hier funktionieren Witz und Pointen, aber leider nicht immer. Die Radarfallen- und Strafzetteljagd auf Dimitrios wirkt, auch wenn sie slapstickartig in Szene gesetzt ist, ziemlich bemüht. Und man findet noch einige solcher Szenen. Doch meist bekommt der Regisseur die Kurve, schafft es charmant und augenzwinkernd zu erzählen. Und dieser ARD-Donnerstagskrimi kommt – man glaubt es kaum – ganz ohne Leichen aus.

Ein großes Lob gebührt Marion Haack für die Besetzung. Der Cast ist so bunt und aufregend wie der Mannheimer Multikulti-Kiez Jungbusch. Adam Bousdoukos („Soul Kitchen“) – er spielte schon 1999 in einer Folge von Breinersdorfers „Anwalt Abel“ mit – passt bestens in die Rolle des trickreichen Advokaten Dimitrios Schulze, spielt den coolen Typen mit viel Bodenhaftung, überdreht nicht, ist der Sympathiebolzen, den (fast) alle mögen – außer Sultan (Kida Khodr Ramadan als trocken-kauzig agierender Gegenspieler) und Dimis Verflossene Linda (Liane Forestieri). Kommt die Krimikomödie beim Publikum an, will man im Ersten daraus eine Serie machen. Könnte klappen. „Dimitrios Schulze“ hat das Zeug zur Serienfigur. Ob allerdings seine Rap-Videos („ich bin einer von euch, hab nur Jura studiert“) – die Texte dazu lieferte kein Geringerer als Eko Fresh – auch junge Zuschauer anlocken kann, darf bezweifelt werden. Dazu ist das alles doch sehr brav erzählt. (Text-Stand: 13.1.2017)

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Fernsehfilm

ARD Degeto, SWR

Mit Adam Bousdoukos, Kida Khodr Ramadan, Eleonore Weisgerber, Despina Pajanou, Zodwa Selele, Gizem Emre, Burak Yigit, Liane Forestieri, Sotiria Loucopoulos

Kamera: Ralf Noack

Szenenbild: Carola Gauster

Schnitt: Monika Schindler

Musik: Francesco Wilking und Patrick Reising

Casting: Marion Haack

Produktionsfirma: Kurhaus Production

Drehbuch: Fred Breinersdorfer – nach einer Idee von Ulrich Herrmann

Regie: Cüneyt Kaya

EA: 02.02.2017 20:15 Uhr | ARD

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