Die Toten von Salzburg – Süßes Gift

Fitz, Krausz, Steinhauer, Koller, Riedlsperger. Geschmust, geschnackselt, gestorben

05.02.2025 20:15 ZDF
Foto: ZDF / Lisa Kutzeling
Foto Tilmann P. Gangloff

Im zehnten Krimi aus der ZDF/ORF-Reihe „Die Toten von Salzburg“ (Satel Film) mit Michael Fitz und Fanny Krausz führt ein tödliches Betthupferl das deutsch-österreichische Duo mitten hinein in anrüchige politische Machenschaften. Das Drehbuch stammt von „Amsterdam-Krimi“-Autor Peter Koller, der hier im Unterschied zu den ARD-Thrillern viel auf Wortwitz und mitunter gar auf Slapstick setzt. Neben der interessanten Geschichte, der ausgezeichneten Bildgestaltung, der guten Musik und der sehenswerten Inszenierung durch Reihenregisseur Erhard Riedlsperger profitiert „Süßes Gift“ von Rahmenbedingungen, die keiner der Beteiligten zu verantworten hat. Die Feststellung soll Florian Teichtmeisters Leistung in den ersten acht Filmen nicht schmälern, aber dass Fanny Krausz nach der Demission des Kollegen in die erste Linie gerückt ist, tut der Reihe sichtbar gut.

Es ist ein bisschen makaber, aber manchmal hilft das Schicksal nach. „Süßes Gift“ ist die erste Episode der Reihe „Die Toten von Salzburg“, in der die frühere Hauptfigur Peter Palfinger nicht mal mehr namentlich eine Rolle spielt. Im letzten Film, „Schattenspiel“ (2023), war der Major noch in Kur; damit hatten sich ZDF und ORF nach der Anklage gegen Florian Teichtmeister wegen des Besitzes pornografischer Darstellungen von Minderjährigen einigermaßen elegant aus der Affäre gezogen. Der zehnte Krimi tut dagegen so, als habe der frühere Vorgesetzte von Inspektorin Irene Russmeyer nie existiert. Für deren Darstellerin Fanny Krausz ist die Demission Teichtmeisters natürlich ein unerwarteter Karriereschub: Plötzlich ist sie die Hauptdarstellerin an der Seite von Michael Fitz.

Die Toten von Salzburg – Süßes GiftFoto: ZDF / Lisa Kutzeling
Was weiß der Herr Wolfgang (Bohatsch) Russmeyer (Fanny Krausz) & Mur (Michael Fitz) über die Theateraufführung zu berichten.

Auch der Reihe tut das gut: Der querschnittgelähmte Salzburger Major saß nach einem Gleitschirmunfall im Rollstuhl, und da sein bayerisches Pendant, Kriminalhauptkommissar Hubert Mur, ein notorischer Grantler ist, waren die ständigen Streitereien der beiden zwar meist lustig, hatten aber oft einen grimmigen Unterton und litten unter Abnutzungserscheinungen. Mit der Beförderung Russmeyers zur leitenden Ermittlerin kommt ein anderer Tonfall in die Filme; die Dialoge sind nun leichter, verschmitzter. Das gilt auch für die Szenen mit dem Hofrat: In den ersten Filmen war Alfons Seywald (Erwin Steinhauer) mitunter fast eine Witzfigur. Seit er sich zu seiner Homosexualität bekannt und geheiratet hat, wirkt er wie verwandelt. Der leitende Beamte trägt zwar nach wie vor seinen Standesdünkel vor sich her, kann jetzt aber sogar loben. Diese Entwicklung unterscheidet „Die Toten von Salzburg“ deutlich von anderen vergleichbaren Reihen, in denen sich möglicherweise die Umstände, aber nur selten die Figuren ändern.

Da „Süßes Gift“ zudem eine originelle Geschichte erzählt, ist das kleine Jubiläum ein rundum geglückter Film, zumal die Inszenierung (Erhard Riedlsperger, wie bislang bei allen Filmen) und die Bildgestaltung (Kai Longolius) gleichfalls sehenswert sind. Schon die erste Einstellung, als die Kamera dem Wagen einer Zimmerfrau auf Fußhöhe folgt, gibt einen Vorgeschmack auf die gern ungewöhnlichen Blickwinkel. Die Handlung beginnt mit einem leidenschaftlichen Stelldichein in einem Hotelzimmer, gefolgt von einem abrupten Exitus: Die als Betthupferl gedachten Mozartkugeln waren vergiftet. Das Opfer war der Chauffeur des bayerischen Energieministers Wittmann (Johannes Zirner), der sich selbstredend als eigentliches Ziel des heimtückischen Anschlags betrachtet, denn das Zimmer war seins; von der Affäre seines Fahrers mit der Pressesprecherin (Julia Koch) der Salzburger Landtagspräsidentin Zirner (Susanne Czepl) hatte er keine Ahnung.

Die Toten von Salzburg – Süßes GiftFoto: ZDF / Lisa Kutzeling
Luftig. Das Ermittlerduo hindert Astrid Zehetner (Anna Maria Sturm) an der Flucht. Michael Fitz & Fanny Krausz in „Süßes Gift“

Peter Koller, Autor der ausnahmslos guten „Amsterdam-Krimis“ (ARD), nutzt den mutmaßlichen Mord aus Versehen bei seinem ersten Drehbuch für die Reihe jedoch als Anlass für eine Geschichte ganz anderer Art, denn neben Wittmann und Zirner gibt es noch einen Dritten im Bunde: Der frühere Ölmanager Gustav Nussbaumer (Karl Fischer), ein Schulfreund Seywalds, will eine Biogasanlage in großem Stil errichten. Schon jetzt sorgt sein Prototyp für positive Presse. Energie aus Kompost, komplett ohne CO2-Ausstoß: eine tolle Sache; umso seltsamer, dass eine Umweltaktivistin (Anna Maria Sturm) trotzdem Vorbehalte gegen das Projekt hat. Tatsächlich stößt Russmeyer auf eine Ungereimtheit, die das Unternehmen mindestens zwielichtig erscheinen lässt.

Die Lichtarbeit ist stellenweise geradezu luxuriös, die Musik (Dominik Giesriegl) ist ebenfalls sehr gut, die Mitwirkenden sind ausnahmslos eine große Freude. Johannes Zirner verkörpert seinen Politiker, einen innigen Bewunderer Ludwigs II., gerade so behutsam als Parodie, dass der Mann nicht zur Karikatur wird. Dennoch ist es Kollers Drehbuch, das allen Beteiligten viel Spielmaterial liefert. Selbst ein morgendliches Geplänkel des Ehepaars Mur hat seine Bewandnis für die Handlung, weil sich die Herkunft der Frühstückseier später als ein erster Fingerzeig Richtung Lösung entpuppt. Sinnvoll und schlüssig integrierte Ausflüge in die Bayerische Staatsoper oder das Salzburger Marionettentheater (inklusive SEK-Einsatz!) sorgen für überraschende Abwechslungen. Mal was Anderes ist auch die Idee, die Rückblenden zunächst in ein helles Sepia zu tauchen, den Bildern am Schluss zur Auflösung jedoch einen bösartigen Rotstich zu geben; und Mur, der zwischenzeitlich eine für allerlei Heiterkeit sorgende Begegnung mit einer Farbbombe hat, hatte von Anfang an den richtigen Riecher, wenn auch nicht für das anrüchige Treiben der Biogasunternehmers.

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Reihe

ORF, ZDF

Mit Michael Fitz, Fanny Krausz, Erwin Steinhauer, Johannes Zirner, Karl Fischer, Susanne Czepl, Julia Koch, Anna Maria Sturm, Sebastian Edtbauer, Paula Siebert, Nikolaus Barton, Xiduo Zhao

Kamera: Kai Longolius

Szenenbild: Michael Wiese

Kostüm: Christoph Birkner

Schnitt: Frank Soiron

Musik: Dominik Giesriegl

Redaktion: Daniel Blum (ZDF), Sabine Weber (ORF)

Produktionsfirma: Satel Film

Produktion: Heinrich Ambrosch

Drehbuch: Peter Koller

Regie: Erhard Riedlsperger

Quote: 6,59 Mio. Zuschauer (25,7% MA)

EA: 14.02.2024 10:00 Uhr | ZDF-Mediathek

weitere EA: 21.02.2024 20:15 Uhr | ZDF

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