Die Idee, das romantische Drama „Cyrano de Bergerac“ in die Neuzeit zu übertragen, ist nicht neu; Steve Martin litt als moderner Cyrano nicht minder unter der riesigen Nase wie der tragische Held des Stückes von Edmond Rostand. Autorin Silke Neumayer aber ergänzt das Verwechslungsspiel in diesem ursprünglich für ProSieben produzierten Film um eine weitere Variation: Die Titel gebende „Liebesflüsterin“ ist eine Frau. In einem entscheidenden Punkt aber weicht sie von der Grundidee des Stückes ab: Im Gegensatz zu Cyrano, der immer wieder Duelle ausficht, weil sich Zeitgenossen über seinen Zinken lustig machen, ist Katharina alles andere als unscheinbar. Sie gibt sich zwar recht kratzbürstig und burschikos, leitet eine Schreinerei, läuft vorwiegend in Latzhosen herum und legt auch sonst betont wenig Wert auf ein ansprechendes Äußeres; aber sie hat eine prima Figur und ist durchaus hübsch. Es gibt also keinen Grund für sie, sich hinter Freundin Marie zu verstecken.
Denn wie es der Zufall will, verlieben sich die Frauen in den selben Mann: Erst rempelt Restaurator Jakob Marie im Coffeeshop an, dann taucht er in Katharinas Schreinerei auf, weil in der Tordurchfahrt ein kostbares Fresko entdeckt wurde. Angetan sind sie beide von dem Prachtkerl, aber Marie ist nicht bloß ein naives Blondchen, sondern auch schrecklich schüchtern: Wenn Jakob sie anspricht, kriegt sie keinen Ton über die Lippen. Katharina, einst Kunststudentin, bevor sie den elterlichen Betrieb übernehmen musste, weiß Rat, und lässt die eigenen Gefühle in Liebesbriefe fließen, die sie in Maries Namen auch gleich selbst schreibt. Jakob, Romantiker durch und durch, ist hingerissen, die Botschaften nicht als Mail, sondern klassisch auf Papier zu erhalten. Dass Marie ihn beim Rendezvous als Sahneschnitte bezeichnet und von seinem Knackpo schwärmt, irritiert ihn ebenso wie ihre Schusseligkeit, weil sie in ihrer Aufregung ständig Gläser umwirft. Beim zweiten Anlauf schlüpft Katharina daher auch stimmlich in Maries Rolle und sülzt Jakob beim Balkongespräch voll.
Dies allerdings ist das zweite erhebliche Manko des Films: Die Stimmen der beiden Frauen sind alles andere als verwechselbar, zumal Cordelia Wege gerade die Zischlaute sehr markant spricht. Man könnte über diese beiden Schwächen hinwegsehen, wären sie nicht so bedeutsam für die Handlung; selbst wenn es durchaus verständlich ist, dass Eichendorff-Fan Jakob den durchaus verführerischen und recht offenherzig demonstrierten Reizen Maries nicht lange widerstehen kann. Von den beiden allerdings kaum zu ignorierenden Fehlern abgesehen ist der Film von Jakob Schäuffelen um Längen besser als die völlig belanglosen Sat-1-Romanzen der letzten Zeit. Die drei Hauptdarsteller spielen ihre Rollen prima, am Rand kann man das eine oder andere Detail entdecken (ein Modellschiff heißt „Roxane“), und der Kontrast zwischen Katharinas Lyrik und Maries Knackpoesie ist in jeder Hinsicht reizvoll.