Fränkie ist ein Schlitzohr, ein Heiratsschwindler und er liebt – was der Damenwelt verborgen bleibt – ausschließlich Männer. Da kommt es ihm gar nicht so ungelegen, dass ihn seine letzte berufliche „Eroberung“ in den Knast gebracht hat. Hier hat er nun genügend Zeit, sich seiner Passion dem Haareschneiden zu widmen und sich um Mirco zu kümmern, einen hitzköpfigen, jungen Boxer, dessen Spatzenhirn ihn immer wieder in dumme Situationen bringt. Doch die zwei, Kopf und Körper, sind ein unschlagbares Team – und sie lieben sich. Jedenfalls glaubt das Fränkie. Wieder in Freiheit outet sich Mirco als „knastschwul“, wohnt aber weiter bei Fränkie, der den Haushalt führt, den Start seiner Boxerkarriere „managt“ und der leidet wie ein Hund. Doch sie kommen nicht voneinander los. Denn „draußen“ zieht Mirco die Probleme noch mehr an – und was kann Fränkie da anderes tun als helfen!?
Foto: NDR / Romano Ruhnau
„Der Boxer und die Friseuse“ ist ein außergewöhnlicher Film – weil sich Drehbuchautor Eckhard Theophil traut, Stimmungen und Genres zu mischen und zwei Menschen in einer Art amourösen Versuchsanordnung zu verkuppeln, die unterschiedlicher nicht sein können. Aus der intelligenten Vorlage, gespickt mit Thesen und Antithesen, macht Regisseurin Hermine Huntgeburth einen Film, der voller Sinnlichkeit, Lust und Wahrheit steckt. Es ist ein Film, bei dem sich der Zuschauer noch überraschen lassen kann. Es wird kein gängiges Genremuster bedient – so kann die Geschichte immer wieder unverhofft neue Wege einschlagen. In der NDR-Produktion wird man mitgenommen auf die Reise in eine Welt, die einem fremd ist und auf deren Bekanntschaft sicher viele meinen verzichten zu können. Umso überraschender, dass diese Tragikomödie es schafft, emotional zu bewegen, ohne dabei in die Kiste der dramaturgischen Tricks und der gängigen Schwulenklischees zu greifen. Bei allem Augenzwinkern nehmen die Macher ihren Figuren nie die Würde. Selbst den geistig unterbemittelten Haudrauf Mirco setzen sie nicht höhnischem Gelächter aus, sondern allenfalls wohlwollendem Schmunzeln. Sein Darsteller Hinnerk Schönemann tut außerdem alles, um diesem hanseatischen „Döspaddel“ mit einer trockenen Naivität zu geben, die erahnen lässt, was der schwule Friseur an ihm findet. „Der ist einfach toll, hat Charme und spielt den Dummkopf, ohne dass er aufgesetzt wirkt“, schwärmt Regisseurin Huntgeburth.
Dass Ulrich Noethen einer „unserer Besten“ ist, weiß man seit langem. In „Der Boxer und die Friseuse“ ist er der ruhende Pol der Geschichte. Ohne jede Spur von Tuntigkeit spielt er seinen sensiblen Liebhaber bis an den Rand der Selbstaufgabe, aber eben nur bis an den Rand. Immer weiß die Geschichte einen Ausweg und hat an der Klippe zur Tragik eine amüsante Wendung parat. Huntgeburth, seit Jahren mit Filmen wie „Gefährliche Freundin“, „Bibi Blocksberg“ oder „Eva Blond“ eine feste Größe in Sachen Qualität hierzulande, gefiel am Buch, dass hier „keine Witzfiguren“ vorgeführt werden, sondern „dass die Komik aus der Geschichte entsteht“. Das schräge Pärchen des Films hat im übrigen ein Vorbild in der Realität. Theophil: „Die waren in Wirklichkeit nur noch verrückter“. (Text-Stand: 17.9.2004)
Foto: NDR / Romano Ruhnau