Vier Personen nehmen an einem „Live Escape Game“ teil. Das Spiel, bei dem die Beteiligten Rätsel lösen müssen, um zum Ausgang zu finden, findet in einem seit Jahren leerstehenden Anwesen vor den Toren Leipzigs statt. Als einer der zwei Männer auf der Strecke bleibt, ist der Kreis der Verdächtigen entsprechend übersichtlich. Hinzu kommen der Spielleiter und die zwischenzeitlich aufgetauchte Ehefrau des Opfers. Wie bei einem Klassiker nach Agatha Christie versuchen die Mitglieder des Leipziger Kripo-Quartetts nun mittels Befragungen der Beteiligten herauszufinden, wer den Box-Promoter Oskar auf dem Gewissen hat.
Was nach einer überschaubaren und vor allem dialogreichen Handlung klingt, entpuppt sich als durchaus fesselndes erzählerisches Konzept. Interessant ist schon allein die Kernidee, zumal Maike Riem (Anja Kling) und ihrem Team (Shenja Lacher, Anton Spieker, Annika Blendl) schließlich klar wird: Sie müssen sich auf das Escape Game einlassen, um den Fall zu klären. Der Titel der achten „Quartett“-Episode bezieht sich auf das Spiel, das in einer ehemaligen Nervenheilanstalt stattfindet: Die Akte von „Patient Nr. 13“ enthält eine der nötigen Schlüsselinformationen. Die Ausstattung ist ausnahmslos Kulisse und größtenteils nicht echt. Die mit viel Liebe zum Detail gestaltete Konzeption ist allerdings derart raffiniert, dass sie durchaus als echtes Escape Game funktionieren würde.
Foto: ZDF / Oliver Feist
Bedauerlicherweise waren Jonni Remmler und Judith Angerbauer (Buch) sowie Elmar Fischer (Regie) – das Trio war auch für den letzten „Quartett“-Krimi über Mordermittlungen in einer sektenähnlichen Gemeinschaft verantwortlich („Das Schweigen“, 2024) – offenbar der Meinung, dass der originelle Rahmen allein nicht genügt: Die meisten Verdächtigen sind unnötig überzeichnet. Das gilt vor allem für die von Alessija Lause viel zu laut verkörperte Witwe, zumal ihre überzogene Mimik in den bildschirmfüllenden Nahaufnahmen noch grotesker wirkt. Mina Tander spielt eine Sängerin aus Rom, die eine Affäre mit Oskar hatte und ihr Deutsch mit einem starken italienischen Akzent versieht. Techniker Thomas (Max von Pufendorf), das dritte Mitglied der Spielgruppe, die sich in Anspielung auf die Bilderrätsel „Rebus-Gang“ nennt, sondert ständig Anglizismen aus einem Seminar für Führungskräfte ab und gefällt sich in der Rolle des arroganten Schnösels, macht davon abgesehen aber noch den normalsten Eindruck.
Nummer vier ist immerhin eine echte Kunstfigur: Influencer Jimmy (Doga Gürer) hat zwar tatsächlich das Tourette-Syndrom, übertreibt die Symptome jedoch bewusst. Trotzdem musste er gemäß der Devise „Fake it till you make it“ anfangs eine beträchtliche Summe investieren, um eine nennenswerte Anzahl von Followern zu erreichen. Die Spur des Geldes ist der Weg zur Lösung: Ein fünftes Mitglied hatte erhebliche Spielschulden und in seinem Unternehmen 100.000 Euro unterschlagen. Nach einer verlorenen Wette bei einem Käfigkampf ist der Mann spurlos verschwunden, seine Abschieds-Mail schließt mit einem Homer-Zitat: „Besser, wer fliehend entrinnt einer Gefahr, als wen sie ereilt“ (aus der „Ilias“).
Sehenswert ist „Patient Nr. 13“ vor allem wegen der Verpackung. Schon der Auftakt mit dem in Richtung Publikum fliegenden Titel, der im typografischen Siebziger-Stil gestaltete Vorspann sowie die an die Edgar-Wallace-Filme erinnernde Musik wecken viel Vorfreude. Die Komposition von Matthias Beine ist ohnehin ein großes Vergnügen, und das nicht nur, weil sie Aussagen und Vorfälle gern mit einem kleinen Tusch unterstreicht. Der Krimi spielt mit persiflierenden Elementen, ist aber keine Parodie, weshalb einige der Darbietungen derart unangenehm aus dem Rahmen fallen. Sehr wohltuend ist dagegen die feine mimische Ironie von Anja Kling und Shenja Lacher. Amüsant sind auch die kleinen Momente von Anke Stoppa als uniformierte Polizistin, die nicht fassen kann, dass das Kripo-Team ständig über den Tatort latscht, obwohl die Spurensicherung noch nicht da war.
Foto: ZDF / Oliver Feist
Elmar Fischer, der hinter der Kamera mit exakt dem gleichen Team wie bei „Das Schweigen“ gearbeitet hat, ist vor einigen Jahren mit seinem Überwachungs-Thriller „Unterm Radar“ (2015) für diverse wichtige Preise nominiert worden. Handwerklich bewegt sich auch seine zweite „Quartett“-Episode erneut nicht zuletzt wegen der Bildgestaltung (Bjørn Haneld) mit ihren kräftigen Farben und dem warmen Licht auf hohem Niveau, zumal die Rückblenden temporeich integriert sind. Aber natürlich ist ein Regisseur auch dafür verantwortlich, was sein Ensemble treibt: Wenn sich die vier Verdächtigen gegenseitig ankeifen, ist das nicht lustig, sondern fast schon peinlich.
3 Antworten
also ich weiß nicht, was ich von diesem Streich halten soll.
Die schöne fett-gelbe Serifenschrift im Vorspann, die zitierte Bildgestaltung, Ausstattung und Location machten schon echt Lust auf ein besonderes Abenteuer. Die überzeichneten Figuren störten, und muss auch eine Ex-Boxerin wirklich die ganze Zeit diese „Kriegerzöpfe“ tragen? Wahrscheinlich schon, damit man erkennt, dass sie mal Boxerin war. Am Schluss, als es alle wissen, darf sie ihre Wallemähne offen tragen.
Die Angelegenheit mit den illegalen MMA-Kämpfen und wie die Kundschaft dazu kommt und die riesige Halle im uralten Industriekomplex und das alles — wurde das nur gebraucht um zu erklären, wo der Verschwundene tatsächlich verschwand? Ani und Jung haben das bestimmt schon mal besser erklärt. Mir war es zu plakativ, zu sehr auf „wir sind so gefährlich“ getrimmt. Die Escape-Szene dürfte wenig Berührungspunkte mit der von illegalen Kämpfen haben. Eine Zielgruppe hätte wohl gereicht für einen Film. (Ich hätte mich dann für die Escaper entschieden.)
Anja Kling leistet sich einen groben Schnitzer im Garten mit der Feuertonne: sie pustet in die Tüte rein, in die sie das Beweisstück deponieren will.
Mööp! DNA-Verunreinigung! Das Beweisstück ist somit unbrauchbar! Als Leiterin der MK14 darf ihr das nicht passieren. Und einem Krimi-Regisseur sollte das auch auffallen.
Na ja, und Linus‘ Spässeken am Ende in der Kegelbahn war wirklich nicht witzig. Schlimm genug, dass am Ende immer ein Witzchen kommen muss (haben sie das von gewissen Tatort-Kommissaren abgeguckt? Manchmal wäre weniger durchaus mehr…) Oder war es eine Referenz an einen Krimiklassiker, mit der ich nichts anfangen kann?
noch ein Plus:
Immerhin war diesmal der Hund aussortiert, der schon in den letzten Fällen des Quartetts eher Deko war als wichtiger Bestandteil.
Noch ein Minus:
Blöd, dass das Kommissariat schon wieder andere Innenräume hatte. Ein bisschen mehr Kontinuität wäre hier fein.
mein Fazit zur Reihe:
„Das Quartett“ hat interessante Hauptfiguren, die sich im Lauf der letzten Folgen gut entwickelt haben, insofern kann man sich auf jeden weiteren Film freuen, aber Qualität schwankt doch stark. Auch hier wäre der Reihe mehr Kontinuität zu wünschen.
Eine schrecklich unattraktive Folge durch die gesamte Art der Produktion. Die Darsteller zeigen sich in ihren Rollen unwohl. Die Dialoge sind auf niedrigem Szene-Niveau. Annika Blendl geht leider völlig unter usw. usw.
2 Sterne
Diese Folge bekommt auch in anderen Foren abgrundtief schlechte Kritiken.
Angeblich soll diese Krimi-Serie wohl auch beendet werden. Gut so.
Konnte darüber hier bei t.tv noch nix lesen. Oder habe ich was überlesen?