“Glauben Sie nicht, dass es Männer gibt, die für Sie unter einer Brücke schlafen würden?!” Kommissarin Ahrens ist verblüfft, dass es noch so charmante männliche Wesen gibt. Noch mehr verblüfft ist sie, als sie erfahren muss, dass jener Mann mit Manieren gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und unter Mordverdacht steht. Jetzt ist sie auch peinlich berührt. Denn sie hat es nicht übers Herz gebracht, jenen Gentleman unter einer Brücke schlafen zu lassen, sondern landete mit ihm in einem Hotelbett bei Champagner, Austern und Currywurst.
Doch es kommt noch toller. So wird die Kommissarin in eben jenes Hotelzimmer gerufen, weil dort die Leiche eines Mannes gefunden wurde. Glücklicherweise trifft sie einige Minuten früher ein als ihr Gatte, der Chef der Spurensicherung, der den Tatort ihrer Untreue inspizieren muss und der sich so zunächst nicht allzu sehr wundert darüber, dass er so vielen Fingerabdrücken seiner Frau begegnet. Und sie scheut weiterhin die Beichte. Nur der Kollegin erzählt sie vor dem ersten gemeinsamen Verhör ihres “Liebhabers” von ihrem Seitensprung.
Foto: ZDF / Maria Krumwiede
Ein charmanter Ausnahme-Krimi voller Überraschungen ist Autorin Gerlinde Wolf und Grimme-Preisträger Marc Rothemund (“Die Hoffnung stirbt zuletzt”) gelungen. Trotz aller pikanten Verwicklungen bleibt “Der Liebhaber” ein Krimi, bei dem man auch auf die kriminalistische Lösung gespannt ist. Immer sind es gleich mehrere Fragen, die einen als Zuschauer förmlich an der Geschichte kleben lassen. Wann wird der Ehebruch entdeckt? Kann ein solch liebenswürdiger Mann ein kaltblütiger Mörder sein? Was bei ihm ist Spiel, was echt? Wenn nicht er, wer käme sonst in Frage als zweifacher Mörder? Wie begegnen sich die “Liebenden” im Verlauf der Handlung? Und wie verändert sich das “Duo” durch die Beichte?
Dramaturgisch dicht, nach amerikanischem Vorbild, hat Wolf den Krimi vom “Liebhaber” erzählt. “Die reine Ermittlerarbeit ist keine Herausforderung für mich”, ihr ginge es um “den komödiantischen Blick auf die Figuren & die Suche nach menschlichen Unzulänglichkeiten”. Und immer wieder gibt sie glänzende Vorlagen für Regie und Schauspieler. Wo hat man beispielsweise schon einen Gangster gesehen, der die Dreistigkeit besitzt, mit den Worten “Sie sparen sich die Überwachung und ich das Taxi” in den Wagen der Polizei einzusteigen?!