Der Chemiker Enrico Polazzo will einen neuen Werkstoff, synthetischen Stahl, entwickeln. Die Kollegen im Blauen Palais bringen Polazzos Arbeit nicht die erhoffte Anerkennung entgegen. Also heuert der Italiener beim Multikonzern IMT an. Zu spät erkennt er, dass seine Interessen nicht die des Konzerns sind. Als sich herausstellt, dass bei der Produktion von Syntan tödlicher Fluorwasserstoff freigesetzt wird, will der Chemiker das Projekt Syntan sofort stoppen. Doch dem Gesetz nach fällt nicht ihm, sondern der IMT das Patent zu.
Rainer Erler über die menschliche Motivation:
„Wenn es um Profitmaximierung geht, verlieren ethische Grenzen schnell ihre Funktion… Mit Habgier können Sie fast alles erklären: Kriege, Ausbeutung, Unterdrückung und eben auch Geschichten wie Organraub.“
… über seine Methode:
„Ich bin Autodidakt. Als Filmemacher und als Autor. Erst wenn das Skript mit allen wissenschaftlichen Details geschrieben ist, bitte ich einen Wissenschaftler um kritische Durchsicht. Die Fakten habe ich mir alle vorher angeeignet.“
Foto: ZDF
Das blaue Palais ist ein von führenden Wissenschaftlern aus aller Herren Länder betriebenes Forschungszentrum. Die Arbeit erfolgt unter größter Geheimhaltung; die Forschungsergebnisse sind höchst brisant, da weltpolitisch relevant. Die Wissenschaftler selbst geraten immer wieder in ethische Zwickmühlen. In der fünften Episode „Der Gigant“ geht es um künftige Rohstoff-Engpässe und darum, wie ein skrupelloser multinationaler Konzern versucht, darüber die Macht an sich zu reißen. In der fünfteiligen Science-Thriller-Reihe „Das blaue Palais“ (1972-76) thematisiert der Autor und Regisseur Rainer Erler die globale Allmacht der Wissenschaft und appelliert an das Verantwortungsbewusstsein der Forscher-Intelligenz. Die Institution Das blaue Palais ist dem in den 70er Jahren aktiven „Club of Rome“ nachgebildet worden. Erler: „Diese Vereinigung von Wissenschaftlern hat erkannt, dass der Mensch die Ressourcen plündert und sich gefragt: Wie lange haben wir noch Erdöl? Wie lange haben wir noch Stahl? Wo führt uns die Rohstoffknappheit hin?“
Rainer Erler, dem es stets um die populäre Darstellung seiner brisanten Stoffe und Thesen ging, vereint in seiner für die 70er Jahre wegweisenden Reihe Dürrenmatts „Physiker“-Spirit mit Simmels Thriller-Kunst und Reineckers Kolportage-Dramaturgie. Erlers Filme, die populäre, kinoaffine Spielart des sozialkritischen Fernsehspiels, waren schon in seiner Entstehungszeit nichts für Feingeister. „Visionär des Fernsehfilms“, nannte die FAZ Rainer Erler, der am 26. August 2013 80 Jahre alt wird. Dieser Begriff ist missverständlich. Visionär waren Erlers Themen, die Art und Weise, wie er sie inhaltlich zuspitzte. Wie er sie filmisch aufbereitete, darin war er kein Visionär, sondern eher ein Vorläufer der Genre-TV-Movies der Privatkanäle. Es ist kein Zufall, dass es Pro Sieben und Sat 1 waren, die Remakes von Erler-Filmen produzierten: „Die letzten Ferien“ (2000) und „Fleisch“ (2007).