“Als würde man einer wundersamen Blume beim Wachsen zusehen”, schrieb der “Stern”. Andere Kritiker sahen einen “Film, der in seiner Genauigkeit die Brüche unter der Wohlstandsoberfläche aufscheinen lässt” oder der sie deutlich macht, jene “Unmöglichkeit, in unserer Konsensgesellschaft überhaupt noch auf Widerstände zu stoßen”. Die Presse überschlug sich, als “Bungalow” auf der Berlinale 2002 Premiere hatte oder etwas später einen Kinostart unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorlegte. Das Debüt von Ulrich Köhler wird auch heute abend nicht viele Zuschauer finden. Das verhinderte Road-Movie ist die ideale Schlaftablette. Wer sich allerdings Zeit nimmt und hinschaut, der kann tatsächlich einer Blume beim Wachsen zusehen. Da entdeckt man Bilder, die an den frühen Wenders erinnern, sieht sich Menschen langweilen wie in frühen Fassbinder-Filmen. Existentielle Beziehungs-Lethargie macht sich breit wie in den Filmen von Michelangelo Antonioni, dessen Kultur zu ungeschnittenen Szenen – ohne artifiziell zu wirken – auch Köhler pflegt. Im Fernsehen um Mitternacht ist es nicht leicht, diesem kleinen Film mit der großen Inszenierungslust zu folgen.
Denn eigentlich passiert nichts – fast nichts: Paul, ein fahnenflüchtiger Rekrut, nistet sich im Haus seiner verreisten Eltern ein. Dort schlägt er mit seinem älteren Bruder und dessen neuer Flamme mehr oder weniger die Zeit tot. Die Brüder gehen sich gehörig auf die Nerven – nicht zuletzt deshalb, weil Paul sich in die dänische Freundin seines Bruders verliebt… Paul wird gespielt von Lennie Burmeister, einem Laien, der bislang nur als Profiskateboarder Publikum hatte. Entsprechend cool, aber gekonnt sein Auftreten. An seiner Seite glänzen durch ihre alltägliche Sprachlosigkeit Trine Dyrholm (“Das Fest”) und Devid Striesow („Lichter”). Der eigentliche Hauptdarsteller aber ist jener titelgebende Bungalow mit Pool, jenes hässliche Bau-Relikt aus dem sozialliberalen hessischen Kleinstadt-Mief. (Text-Stand: 8.9.2003)