Borgia

Fontana, Hirschbiegel, Doman, Dychauk. Rom zwischen Barbarei und Hochkultur

Foto: ZDF / Larry Horricks
Foto Rainer Tittelbach

Die Borgia waren eine der mächtigsten Adelsfamilien zu Zeiten der Renaissance. Der Clan stellte zwei Päpste. Wie diese Familie die Widersprüche ihrer Zeit zu ihrem Vorteil nutzte, das ausgehende Mittelalter mit den Errungenschaften der europäischen Hochkultur verband, Barbarei, Blutrache und Aberglaube mit da Vinci und Michelangelo kurz schloss, so verzahnt der Sechsteiler „Die Borgia“ die universalen Gegensätze – Familie und Öffentlichkeit, das Männliche und das Weibliche, das Schöne und das Hässliche. Gewalt, Gier, Glauben – ein reizvoller Bilderbogen zwischen Mythos und Klischee, in den man sich einsehen muss.

Die Borgia waren eine der mächtigsten Adelsfamilien zu Zeiten der Renaissance. Der aus Spanien stammende Clan sicherte sich durch seine geschickte Politik über Jahrzehnte die Herrschaft über ganz Italien. Die Borgia stellte zwei Päpste. Es ist eine Welt im Umbruch, in die Rodrigo Borgias illegitime Sprösse, Juan, Cesare und Lucrezia, hineingeboren werden. Erst nach dem Tod seines Ältesten erkennt er die drei als seine rechtmäßigen Kinder an. Er weiß: Nur mit einer starken Familie wird er sich gegen die rivalisierenden Clans in Rom, die Orsinis und Colonnas, durchsetzen können, zumal seine Söhne immer wieder über die Stränge schlagen. Aber auch der selbstherrliche Patriarch wird sich zügeln müssen, wenn er bei der Nachfolge von Papst Innozenz mitreden möchte. Sein Privatleben mit einer blutjungen, verheirateten Geliebten macht sich nicht gut im Kirchenstaat. Zunehmend Sorge bereitet ihm Sohn Cesare, den er für die klerikale Laufbahn vorgesehen hat, der aber mit Gewaltexzessen und religiösem Fanatismus gegen den Vater aufbegehrt. Willfähriger ist dem intriganten Rodrigo seine Tochter Lucrezia, die er mit mehreren Männern verlobt und verheiratet – wie es seinen Machtinteressen passt. Nicht zu enttäuschen scheint ihn auch Juan, sein ältester Sohn von seiner Ex-Mätresse Vannozza Catanei. Doch Rodrigo überschätzt den heißblütigen Juan.

BorgiaFoto: ZDF / Larry Horricks
Riesenzuschauer-Erfolg 2011. Lucrezia Borgia (Isolda Dychauk) will einen Mann. Ihr Vater Rodrigo wird ihr mehrere zuweisen.

Film-Intro des 1. Teils: „März, 1492. Der italienischen Halbinsel droht die Invasion französischer und osmanischer Heere. Italien ist in zehn verfeindete Königreiche aufgeteilt. Das Zentrum bildet der Kirchenstaat, regiert von Papst Innozenz Vlll. Die Hauptstadt Rom ist ebenfalls in gegnerische Lager gespalten, beherrscht von den Familien der Orsini, Colonna und BORGIA.“

Wie diese legendäre Familie die Widersprüche ihrer Zeit zu ihrem Vorteil nutzte, das ausgehende Mittelalter mit den Errungenschaften der europäischen Hochkultur verband, Barbarei, Blutrache und Aberglaube mit Leonardo da Vinci und Michelangelo kurz schloss, so verzahnt der Sechsteiler „Die Borgia“ die großen universalen Gegensätze – Familie und Öffentlichkeit, das Männliche und das Weibliche, das Schöne und das Hässliche. Unzucht und Inzucht, Schändung, Selbstzüchtigung und Blutrache, Verschwendungssucht, tödliche Epidemien, prämafiose Familienfehden, ein bankrotter Papst, selbstherrliches Gebaren des Adels, heuchlerische Lebensweise der Kirchenväter – im Spannungsfeld zwischen Mythos und Klischee wird alles heraufbeschworen, was jene Zeit auszumachen scheint. Filmisch ist das eindrucksvoll umgesetzt, ein reizvoller Bilderbogen, in den man sich einsehen und einhören muss. Bei der Handlungsvielfalt der breit angelegten Erzählstrecke von 600 Minuten müssen anfangs noch die Motive für das Handeln der Figuren, ja selbst die Hintergedanken für die Intrigenspiele von Rodrigo Borgia, ausgesprochen werden. Mit Fortdauer der Handlung sind die „Muster“ zunehmend erkennbar – die Bilder gewinnen langsam an Sinnlichkeit und die Figuren an physischer Präsenz. Und damit sind nicht nur die schönen, schwitzenden Körper oder Augenweiden wie Marta Gastini oder Isolda Dychauk gemeint. Die Macher wissen: wer in Zeiten von Brachial-Sexsoft-Sagas wie „Spartacus“ international mit „Borgia“ an den Start geht – der wird mit Geistes- und Kirchengeschichte allein nicht punkten. Wie sagt doch der erhitzte Juan, der bei der Frau seines Erzfeindes fensterlt: „Ein Borgia kann eine Frau befriedigen, wie es kein Colonna kann.“ (Text-Stand: 17.9.2011)

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Canal+, ORF, ZDF

Mit John Doman, Mark Ryder, Stanley Weber, Isolda Dychauk, Marta Gastini, Assumpta Serna, Andrea Sawatzki, Adam Misik, Udo Kier, Vadim Glowna

Kamera: Ousama Rawi

Musik: Cyril Morin

Produktionsfirma: Atlantique Productions, EOS Entertainment

Drehbuch: Tom Fontana

Regie: Oliver Hirschbiegel, Dearbhla Walsh, Metin Hüseyin, Christoph Schrewe

Quote: Teil 1: 6,21 Mio. Zuschauer (18,7% MA); Teil 2: 5,47 Mio. (17,1% MA); Teil 3: 4,82 (14,9% MA); Teil 4: 4,59 Mio. (13,7% MA), Teil 5: 4,49 Mio. (13,9% MA); Teil 6: 4,73 Mio. (14,8% MA)

EA: 17.10.2011 20:15 Uhr | ZDF

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