Für einen Hauptkommissar hatte er zu viel Phantasie – und so gab er früh seine Dienstmarke ab. Balthasar Berg wurde Kriminalschriftsteller, erfolgreich, einzelgängerisch und ein ziemlicher Nörgelkopf. Sein einziger Kontakt zur Welt ist sein Agent Oliver Renner – nomen est omen: der ist immer irgendwie und irgendwo unterwegs, um das schöne Leben in vollen Zügen zu genießen oder um jetzt, da er pleite ist, seinem Autor und Freund auf die Finger zu schauen. Doch bei Berg tut sich nichts – Schreibblockade. Also überredet ihn der Agent zu einer gemeinsamen Reise nach Sylt: bei Renners Ex-Schwiegermutter im idyllischen Reeddachhaus, romantisch zwischen Wiesen und Wasser gelegen, soll er wieder zu alter Form auflaufen. „Das Leben kann manchmal so leicht & einfach nur schön sein“, schwärmt er noch, bevor er über eine Frauenleiche stolpert. Die Dorfpolizei ist überfordert, also wird der Ex-Kommissar zu Rate gezogen. Doch der ermittelt anders: Irgendwann setzt er sich an die Schreibmaschine, erinnert sich an seine Beobachtungen, kombiniert, phantasiert und schlägt zwei Fliegen mit einem Schlag. Oder drei? Eine Schoko-Künstlerin hat es ihm schwer angetan. Oder vier? Auch dem anfangs verhassten Sylt könnte er noch eine Chance geben.
„Ich hab die Nase voll von Leichen, die mir permanent vor die Füße fallen und ich will nichts mehr mit Mord und Totschlag zu tun haben.“ Auch wenn der genervte Krimischriftsteller mit diesem Satz dem Kritiker und vielen Zuschauern aus der Seele spricht – es wird anders kommen. „Balthasar Berg“ ist als Heimatkrimi-Reihe entwickelt worden. Ein bisschen „Capellari“, ein bisschen „2 für alle Fälle“, die ARD-Nordlichter-Reihe mit Fedder und Milberg, und ganz viel Dieter Pfaff, für den die Titelrolle entwickelt wurde. „Die Zunahme von Gewalt im Fernsehen, auch in Krimis, ist nicht meins“, betont der Publikumsliebling, mit dem es gelungen ist, die schwere Psychodrama-Reihe „Bloch“ zum Dauerbrenner zu machen. „Mich haben immer Figuren fasziniert wie Miss Marple und Columbo, die auf intelligente, witzige Weise, auch zum Mitdenken, Fälle lösen.“ Offenbar wird nun der ZDF-Komödien-Donnerstag zum Krimikomödien-Donnerstag. Das nervt mehr als dieser harmlose Film mit seiner belanglosen Story und seiner (nicht unangenehm) menschelnden Grundstimmung.
„Balthasar Berg“ ist ein Film für die ältere Generation – oder eben für Zuschauer, von denen man annimmt, dass sie sich amüsieren über die Neckereien zwischen dem mürrischen Helden und der noch grantigeren Sylter Schwiegermutter, denen das Herz aufgeht, wenn die pfundig sanfte Saskia Vester des ewigen Muffelkopfs sanftmütige Seite hervorkitzelt. Es ist ein Film für Zuschauer, die einen hässlichen Mops als Sidekick köstlich finden oder die bei der reichlich in die Länge gezogenen Exposition auch immer dann gerne zur Schokolade greifen, wenn Dieter Pfaff genießerisch zubeißt. Das ist nicht nur Unterhaltungsfernsehen, sondern auch Fernsehen zum sich unterhalten. „Haben wir auch noch ’ne Tafel Schokolade im Küchenschrank?“… Ein Film, eigentlich viel besser für den Vorabend geeignet. Die Werbepausen wären sicher prall gefüllt. In der Optik ist ohnehin kaum ein Unterschied bemerkbar: Lars Jessen und sein Kameramann setzen auf Vorabendästhetik. Da fehlt oft nur noch die Rama-Familie im Bild. Das ZDF hat offenbar auch gemerkt – dass hier der Übergang von Entspanntheit zur Langweile fließend ist. Also hat man flink noch ein paar völlig unmotivierte Splitscreen-Gimmicks eingebaut. Wäre da nicht Pfaff mit seiner physischen Präsenz, mit der er so manches zu verdecken in der Lage ist, oder die beiden Dorfpolizisten (köstlich blöd: Schütte & Heyne) mit ihrem trockenen Beziehungsschnack – der bequeme Fernsehsessel würde zur Schlafcouch werden. Noch ein Stückchen Schokolade?!