Am Ende des Tunnels

Ulrike Kriener, Rohde, Halmer, Weber, Dror Zahavi. Ein traumatischer Augenblick

Foto: ZDF
Foto Rainer Tittelbach

Eine Frau hat sich vor die U-Bahn geworfen. Was ein solcher Augenblick für das Leben des Zugführers bedeutet, davon erzählt der ZDF-Fernsehfilm “Am Ende des Tunnels”. Ein dumpfer Schlag gegen das Führerhaus ihrer U-Bahn reißt eine unbeschwerte Frau aus dem Leben und stellt ihre glückliche Ehe auf die Probe. Ulrike Kriener beeindruckt als jene Frau, die nicht verdrängen kann, auf ihrem Weg durch eine tiefe Depression. Es ist ein TV-Drama über die schwarzen Seiten der menschlichen Seele, das von Übertragungen erzählt. Das Motiv der Todessehnsucht geht, nachdem die Selbstmörderin ihrem Leben ein Ende bereitet hat, auf die U-Bahnführerin und den Sohn der Toten über. Reduziertes, präzise erzähltes Drama.

Eine Frau hat sich vor die U-Bahn geworfen. “Personenschaden” heißt es im Beamtendeutsch. Die Statistik sagt, dass es jedem, der einen Zug führt, irgendwann einmal passiert. Die Zahlen sind das eine. Was ein solcher Augenblick für das Leben des Zugführers bedeutet, ist das andere. “Am Ende des Tunnels” erzählt von den Folgen eines solchen traumatischen Augenblicks. Ein dumpfer Schlag gegen das Führerhaus ihrer U-Bahn reißt eine unbeschwerte Frau aus dem Leben und stellt ihre glückliche Ehe auf die Probe. Ulrike Kriener beeindruckt als jene Frau, die nicht einfach verdrängen kann, auf ihrem Weg durch eine tiefe Depression.

Nichts ist mehr, wie es war. Obwohl die Zugführerin weiß, dass sie keine Schuld trifft, dass sie trotz Notbremse zur rechten Zeit keine Chance hatte, quält sie sich mit den immergleichen Fragen: “Warum springt die Frau mir vor die Bahn? Warum passiert mir das? Warum mir?” Sie braucht eine Erklärung, sie will wenigstens ansatzweise verstehen; also nimmt sie Kontakt zum Ehemann der Toten und seinem Sohn auf. Sie scheint verwundert, wie wenig er um seine Frau trauert. Er hat offenbar die schlimmste Zeit hinter sich, denn seine Frau war hochgradig depressiv. Seit der Geburt des mittlerweile 11-jährigen Sohnes habe sie nicht mehr gelächelt. Nur am Tag ihres Suizids habe sie mit einem Lächeln die Wohnung verlassen.

Die Heldin ist anfangs völlig in ihre Trauer, ihren Schmerz und ihre Selbstbezichtigung verstrickt. Aber wie der Titel suggeriert, gibt es eine Hoffnung! “Ich wollte sagen, dass es auch in der größten Katastrophe Chancen für die Beteiligten gibt, ihr Leben zu reflektieren und es vielleicht auch zu ändern”, betont denn auch Autor Georg Weber. Er hat das Drehbuch für seine Frau Ulrike Kriener geschrieben. Sie spielt jene Zugführerin, die in eine tiefe Lebenskrise gerät, ohne übertriebene Ausbrüche, lebensnah, so wie die Nachbarin von gegenüber. Sie hat wenig Text und doch kommt der Zuschauer ihrem Seelenzustand sehr nahe. Es war von Vorteil,  dass der Autor zugleich Schauspieler und Regisseur ist. “Ich schreibe die Figuren und deren Texte, indem ich sie mir erspiele”, so Weber. Auch Armin Rohde als gut meinender, aber wenig geduldiger Ehemann und Günther Maria Halmer als Gatte der Selbstmörderin, der seinen Schmerz jahrelang in seinem Inneren vergraben hat, haben starke Momente.

„Wunderbarerweise benötigen Weber und Zahavi kaum Worte, um die Gefühlslage der Figuren zu verdeutlichen. Es genügen schlichte Doppelbelichtungen, um zu zeigen, wie sehr die U-Bahn-Fahrerin aus der Spur geraten ist. Zeitlupensequenzen unterstreichen zudem, dass ihr Leben nun anderen Regeln als jenen des Fahrplans gehorcht. Mit klaren, kühlen Bilder illustriert Kameramann Steffen zudem die Großstadtkälte, die für Einzelschicksale keine Zeit hat.“ (tpg – Kino.de)

Das Innere nach Außen kehren, Gefühle und Stimmungen sichtbar machen – das war die Hauptaufgabe von Regisseur Dror Zahavi. Der Deutsche Fernsehpreisträger, der bislang vorweigend für die Privatsender gearbeitet hat, legt mit “Am Ende des Tunnels” ein rundum gelungenes Drama vor. “Das Reizvollste für mich war, diesen nachdenklich-düsteren, an äußeren Handlungen armen Stoff ein filmisches Gesicht zu geben, ihm eine Farbigkeit zu schenken, die doch einen scheinbar farblosen Seelenzustand beschreiben muss”, sagt Zahavi. Zu diesem filmischen Gesicht tragen entscheidend Musik und Sounddesign bei. Seelische Spannungen werden hörbar. “Am Ende des Tunnels” ist ein Film über die schwarzen Seiten der menschlichen Seele, ein Film, der von Übertragungen erzählt. “Es ist eine Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Tod, dem eigenen und dem von anderen, dem eigenen Todeswunsch, weil man sich für den Tod anderer verantwortlich fühlt”, betont denn auch Regisseur Zahavi. So ist das Motiv der Todessehnsucht, nachdem die Selbstmörderin ihrem Leben ein Ende bereitet hat, auf die U-Bahnführerin und den Sohn der Toten übergegangen. Doch nach und nach wird Licht am Ende des Tunnels sichtbar.

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Fernsehfilm

ZDF

Mit Ulrike Kriener, Armin Rohde, Günther Maria Halmer, Clemens Jakubetz, Friederike Wagner

Kamera: Gero Steffen

Szenenbild: Heidrun Brandt

Schnitt: Fritz Busse

Produktionsfirma: Multimedia Film- und Fernsehproduktion

Drehbuch: Georg Weber

Regie: Dror Zahavi

EA: 28.10.2002 20:15 Uhr | ZDF

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