Utta Danella – Sturm am Ehehimmel

Michaela May, Hollinderbäumer, Pietschmann. Geschlechter-Bilder von vorgestern

Foto: Degeto / Bauried
Foto Tilmann P. Gangloff

Wenig überzeugende Darsteller, ungelenke Dialoge, verpuffende Pointen, eine überschaubare Geschichte, die vor Rollen-Klischees und Ratgeber-Mentalität nur so strotzt. Dabei ist die Grundkonstellation der Geschichte von „Utta Danella – Sturm am Ehehimmel“ nicht schlecht. Mit solchen Filmen und einem so antiquierten Frauenbild muss sich die ARD nicht wundern, dass das junge Publikum den Sender meidet! Freitagsfilm der abschreckenden Art

Wenig überzeugende Darsteller, ungelenke Dialoge, verpuffende Pointen, eine überschaubare Geschichte: Im Gegensatz zu der eine Woche zuvor gezeigten Utta-Danella-Verfilmung „Wer küsst den Doc?“ ist „Sturm am Ehehimmel“ ein Freitagsfilm der eher abschreckenden Art.

Die Produktionsfirma ist die gleiche (Bavaria), der Regisseur (John Delbridge) auch, der Auftraggeber (die ARD-Tochter Degeto) sowieso: Dann muss wohl das Drehbuch den Unterschied gemacht haben. „Sturm am Ehehimmel“ lässt all das vermissen, was „Wer küsst den Doc?“ (Buch: Marcus Hertneck) aus dem Fernseh-Einerlei herausgehoben hat: Abwechslungsreichtum, pfiffige Ideen und Figuren, die zwar gewissen Klischees entsprechen, aber trotzdem immer wieder für Überraschungen gut sind; außerdem Hauptdarsteller, die mit ihrer Spielfreude dazu beitragen, dass die handelnden Personen glaubwürdig ihre unvermeidliche Wandlung durchlaufen. In jedem dieser Punkte besteht bei „Sturm am Ehehimmel“ akuter Mangel. Allein Dietrich Hollinderbäumer widersetzt sich der Reißbrettartigkeit seiner Figur. Michaela May dagegen scheint die Eindimensionalität der Protagonistin regelrecht zu zelebrieren und wird dafür, was womöglich das Schlimmste an diesem Film ist, von vielen Zuschauerinnen auch noch lebhafte Zustimmung erfahren. Genüsslich kann sich zumindest der ältere Teil der Zielgruppe der Identifikation mit Teresa Sommer hingeben, einer Frau, die ihr Leben den Wünschen des Gatten untergeordnet hat und nach dessen Pensionierung endlich die eigenen Träume verwirklichen will.

Kein Wunder, dass die ARD mit einem derart antiquierten Frauenbild völlig zu Recht kein junges Publikum erreicht. Ärgerlicher als der simple Handlungsentwurf (Buch: Nicole Walter-Lingen nach Motiven der Danella-Erzählung „Der Garten der Träume“) sind jedoch die Dialoge. Der Film beginnt mit einem typischen „Du weißt ja“-Gespräch, in dem sich Teresa und ihre hübsche Nachbarin Lena gegenseitig über ihr Leben aufklären, damit der Zuschauer weiß, mit wem er’s zu tun hat. Kurz drauf treffen sich die Frauen erneut. Diesmal geht’s um Männer, weil auch die alleinerziehende Lena wenig ersprießliche Erfahrungen gemacht hat. Gerade May doziert ihre Dialoge dabei, als würde sie aus einem zweitklassigen Ratgeberbuch für Frauen vorlesen; von der Schlichtheit des Männerbildes ganz zu schweigen.

Utta Danella – Sturm am EhehimmelFoto: Degeto / Bauried
„Sturm am Ehehimmel“. Der pensionierte Gatte (Dietrich Hollinderbäumer) erklärt der werten Gattin (Michaela May) die Welt.

Dabei ist die Grundkonstellation der Geschichte gar nicht schlecht, zumal man Teresas Missvergnügen durchaus nachvollziehen kann: Aus ihrer Sicht war dem Gatten, einem Wetterwart, die Arbeit auf der Zugspitze schon immer wichtiger als die Ehe. Um an seiner Seite zu sein und um der Kinder willen (die es jedoch nie gab) hat sie einst ihren Job als Reiseleiterin aufgegeben und statt dessen eine Pension betrieben. Jetzt ist Paul Sommer zwar Rentner, kann seinen Beruf aber nicht loslassen, zumal er sich für unersetzbar hält; mit Hilfe von Lenas Sohn stellt er eine eigene Wetterseite in Netz. Da der Film konsequent aus Sicht Teresas erzählt wird, wirkt Paul wie ein sturer alter Kauz. Seine Frau verguckt sich derweil in einen halb so alten Pensionsgast (Andreas Pietschmann), dessen Freundlichkeit sie mit Zuneigung verwechselt; dabei hat der Anwalt aus Hamburg bloß Augen für Lena.

Auch die jüngere Generation wird jedoch dem Klischee geopfert: Lena will sich nicht schon wieder auf einen Kerl einlassen, der mit seiner Arbeit verheiratet ist. Tatsächlich hat der Jurist dauernd das Telefon am Ohr, während sie angeblich Assistentin des Bürgermeisters ist, aber anscheinend ausgesprochen flexible und beneidenswert kurze Arbeitszeiten hat, also im Grunde immer verfügbar ist. Dass es durchaus auch Frauen gibt, die ihren Beruf mit Hingabe betreiben, ist in diesem Weltbild von gestern aber nicht vorgesehen. Da sind auch die schönen Landschaftsbilder (Kamera: Nicolas Joray) kein Trost, selbst wenn sie dank Pauls Beruf oder Teresas Ausflügen glaubwürdig in die Handlung integriert sind. (Text-Stand: 2.4.2013)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Michaela May, Dietrich Hollinderbäumer, Andreas Pietschmann, Nina Hartmann, Tassilo von Tiedemann

Kamera: Nicolas Joray

Szenenbild: Gabi Pohl

Schnitt: Monika Bergmann

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion

Drehbuch: Nicole Walter-Lingen

Regie: John Delbridge

Quote: 3,95 Mio. Zuschauer (13,4% MA)

EA: 03.05.2013 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

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Kontoinhaber: Rainer Tittelbach