Als ob sie nicht auch ohne Trauschein weiterhin glücklich zusammenleben könnten; zumal beide ja schon eine gescheiterte Ehe hinter sich haben: So jedenfalls sieht es Katrin (Nicolette Krebitz). Ihr Lebenspartner Philipp (Hary Prinz) hingegen ist wie besessen von der Idee einer romantischen Hochzeit. Obwohl Katrin seinen Antrag abgelehnt hat, gibt Philipp nicht auf und hat bald auch eine tatkräftige Verbündete an seiner verunsicherten Seite: Renate (Patricia Hirschbichler), die Schwiegermutter in spe, die ohne Vorwarnung bei den beiden in Leipzig auftaucht. Diese Person hat Katrin gerade noch gefehlt! Einziger Vorteil: Sie ist jetzt zumindest Julia (Lisa Bitter) los, die neue Frau ihres Ex-Mannes, die sich auf der Flucht vor ihrer Schwiegermutter (Daniela Ziegler) mit ihren quengelnden Kiddies ausgerechnet bei ihr einquartiert hatte. Katrin weiß mal wieder nicht, wo ihr der Kopf steht. Sie hat das Gefühl, alle wollen was von ihr, so wie immer. Da sind ihre Kinder, Teenager Saskia (Emilie Neumeister) und der kleine Leo (Luis August Kurecki), noch die Vernünftigsten. Und dann steht auch noch Papa Horst (Peter Prager) mit seiner Neuen auf der Matte. Da kommt Katrin Marcel (Michael Steinocher), der schnuckelige Bruder von Julia, gerade recht. Der ist auf der Durchreise auf dem Weg nach Indien. „Beneidenswert“, findet Katrin und krallt sich den jungen Mann – was die Lage keineswegs entspannt. Denn der eifersüchtige Philipp plant eine Überrumpelungs-Hochzeit, die dann allerdings zu einer Trauerfeier umfunktioniert werden muss.
Foto: MDR / Steffen Junghans
Landete die von Nicolette Krebitz gespielte Heldin in der ARD-Komödie „Familie mit Hindernissen“ (2017) zwischenzeitlich im Knast, was ihr in Anbetracht ihrer buckligen Verwandtschaft und ihrer nervenden XXL-Familie gar nicht so unlieb war, flüchtet sie sich ein Zuschauer-Jahr später in „Trauung mit Hindernissen“ in die Arme eines Mannes: einer, der nicht an ihr herumzerrt, sondern der den Traum von Freiheit und Ungebundenheit lebt. Das bedeutet Handlungsbedarf für den Noch-Partner, der sich allerdings auch anderweitig zu trösten weiß. Doch dieser, jener herzensgute, bald aber larmoyant beleidigte Philipp, den Hary Prinz dezent deppert und trockenhumorig gibt, macht so ziemlich alles verkehrt, was sich verkehrt machen lässt. Und weil das so ist, ergibt sich aus dieser Beziehungskrise und den anderen familiären Miseren eine amüsante, sehr kurzweilige Komödie, die allerdings vor dem dritten Akt mit einem Stimmungsbreak aufwartet. Bleibt die Grundtonlage mittelfristig zwar komisch, so bringt doch der Tod tragische Momente ins Spiel. Plötzlich vertiefen sich die Beziehungen, wird manches noch mal neu gedacht. Diese Wende nach 60 Minuten ermöglicht es allerdings auch, die Geschichte dramaturgisch in die Spur zu bringen und die Komödie – der Titel deutet es ja an – doch noch happy zu beenden. Die Braut, die sich aus guten Gründen nicht traut, könnte, wie sie sagt, aufs Heiraten zwar gut verzichten – doch sei’s drum. Den Ernst des Lebens für das an sich leichte Genre zur Hilfe zu nehmen, ist auf jeden Fall die bessere Entscheidung, als das Ganze mit (romantischem) Gefühl zu überpudern. Auch der frech-ironische Abspann spielt augenzwinkernd mit der Happy-End-Konvention. Ohnehin wird man in dem Bewusstsein aus dem Film entlassen, dass es nicht der Tod sein muss, der diese Ehe scheiden wird. Wie die meisten Ehen heute. Illusionen macht sich hier keiner.
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„Trauung mit Hindernissen“ scheint sich also etwas ernsthafter an der Beziehungsrealität abzuarbeiten als der Vorgängerfilm, der die Narration stärker komödiantisch unterfüttert hat. So verzichtete Drehbuchautorin Sophia Krapoth („Immer wieder anders“) auf die Momente des doppelbödigen Beiseitesprechens der Heldin und auf deren direkten Ansprachen an den Zuschauer, den sie in ihrer Not (und weil sie die Identifikationsfigur ist) quasi auf ihre Seite zu ziehen versuchte. Das ist schade, machten doch diese spielerischen Elemente den ganz besonderen Reiz von „Familie mit Hindernissen“ aus. Dieses Mal muss Krebitz allein mit beiläufig hingeworfenen „letzten Worten“ oder der Diskrepanz zwischen dem, was ihre mitunter etwas konfuse Katrin sagt und dem was sie fühlt (vor allem in der Interaktion mit Philipps Nebenbuhler Marcel) für Ironie sorgen. Das ist – entsprechend zur Gesamttonlage des Films – vielleicht nicht mehr ganz so frech & bissig; und so ist es umso wichtiger, dass Nicolette Krebitz die Zwischentöne wieder perfekt trifft. Auch Peter Prager ist ein versierter Komödiant: wunderbar eine Szene, in der vor lauter Melancholie Vater und Tochter nebeneinander im Bett einschlafen, sie im Hochzeitskleid, er in einer Marihuana-Wolke.
Überaus gelungen sind auch die Dialogwechsel zum Thema Seitensprung. Unangenehme Fragen diesbezüglich werden von Katrin prinzipiell charmant überhört oder mit den entsprechenden Gegenfragen beantwortet. Auch Michael Steinocher als Projektionsfläche für die bei der Heldin aufflackernden Sehnsüchte nach Unabhängigkeit & Eigenverantwortung macht eine gute Figur: Sein Marcel ist hingerissen von Katrin, aber auch verunsichert, überfordert von der Situation – und er bleibt ein Abenteurer, der seinen Weg (allein) gehen wird. Für feine emotionale Nuancen am Rande und eine Teenie-Tochter ohne die Hauptsache-pampig-Klischees sorgt Emilie Neumeister. Auch wenn ihre Figuren in der Fortsetzung keine Rolle mehr spielen, so war mit Juergen Maurer und Franziska Weisz der Auftaktfilm noch um einiges hochkarätiger besetzt. Eine kleine Enttäuschung ist Patricia Hirschbichler, der Ersatz für die verstorbene – unvergleichliche – Marie Gruber als Katrins Mutter; das ist keine Frage der Rolle, Gruber hat das weniger trutschig, weniger im Komödienstil der 70er Jahre, gespielt.
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Vielleicht hätte ein erfahrener Comedy-, Tempo- und Timing-Spezialist wie Oliver Schmitz (Grimme-Preise für „Türkisch für Anfänger“ & „Doctor’s Diary“), der „Familie mit Hindernissen“ inszeniert hat, der Drehbuch-Vorlage noch etwas mehr Pointierung und Akzentuierung angedeihen lassen als Nachwuchsregisseurin Anna-Katharina Maier („Hubert & Staller“); andererseits setzt „Trauung mit Hindernissen“ aber auch auf ernstere Stimmungen. Trotz einiger Abstriche also ist auch der zweite Film um das Leipziger Patchwork-Chaos von Katrin & Co ein Lichtblick im mageren deutschen Fernsehkomödien-Angebot. Im Notfall entscheiden sich die Macher fürs leicht Ironische als fürs Derbe, fürs Verspielte als fürs oberflächlich Scherzhafte (wie leider zuletzt die Sawatzki/Milberg-Komödie „Ihr seid natürlich eingeladen“). Das ist gut so. Nur etwas mehr Schräglage und Screwball-Touch hätte man sich gewünscht. So sorgte beispielsweise der Running-Gag-Griff zur Flasche im Frühjahr 2017 für die köstlichsten Momente, während die Heldin im neuen Film nur noch ein einziges Mal einen über den Durst trinken darf. (Text-Stand: 19.5.2018)