Für die Journalistin Rommy Kirchhoff (Nina Kunzendorf) geht der Kampf gegen die Übermacht der globalen Wirtschaftsimperien weiter. Zusammen mit Max (Leonard Scheicher), dem Sohn von Paul Holthaus (Oliver Masucci), hetzt sie seit Monaten durch die Welt und ist nun in Kapstadt gelandet. Beide sind auf der Suche nach eben jenem Lobbyisten, der entführt wurde, kurz bevor er die investigative Journalistin treffen konnte, um sein Insiderwissen preiszugeben und damit seine einstige Chefin Lilian Norgren (Katja Riemann) schwer zu belasten. Die eiskalte Geschäftsfrau hatte mit Holthaus eine Affäre und bekommt ein Kind von ihm. Dass er noch lebt, ist vor allem aber dem Umstand zu verdanken, dass sie ihn braucht bei einem Big Deal mit einem Arzt und Forscher, der ein Medikament gegen Leberkrebs entwickelt und im Kongo erfolgreich getestet hat. Für Norgren die einzige Möglichkeit, ihren Konzern zu retten: Denn mit dem Pflanzenschutzmittel Pancosal hat sie die Menschen in der Dritten Welt vergiftet; käme sie jetzt mit dem „Gegenmittel“ auf den Markt, könnte sie den Schaden in Grenzen halten. Doch jener Dr. Schwarz will lieber mit dem Internetgiganten Larry Jordan (Francis Couleur) Geschäfte machen. Kirchhoff, mittlerweile wieder unterstützt von ihrer einst korrupten Ex-Chefin und ehemaligen Lebensgefährtin Karin Berger (Anke Engelke), stößt bei ihren Recherchen ebenfalls auf Dr. Schwarz und sein Krebs-Projekt Z.O.E. und reist in den Kongo. Dort trifft sie neben Schwarz eine alte Bekannte.
„Jagd in Kapstadt“, die Fortsetzung des Wirtschaftsthrillers „Tödliche Geheimnisse“, beginnt mit einer Sequenz, die die Machtverhältnisse eindrucksvoll widerspiegelt. Rommy Kirchhoff trifft sich mit einem vermeintlichen abtrünnigen Norgren-Mitarbeiter in einem Straßencafé in Kapstadt. Ein weibliche Killer postiert sich derweil auf dem Dach. Die Journalistin, die sich Informationen über die Machenschaften des Global Players erhofft, erscheint im Fadenkreuz. Das Gespräch verfolgt die schwangere Lilian Norgren, wie ein Wal in der Badewanne liegend, auf ihren Tablet. Der Gesprächspartner von Kirchhoff gibt ihr zu verstehen, dass er kein Whistleblower sei und dass eine Handbewegung von ihm genügen würde – und sie wäre tot. Daraufhin rastet die Heldin aus, stellt sich auf den Tisch und provoziert die Killerin: „Drücken Sie ab, drücken Sie ab.“ Diese Szene zeigt: Die vierte Gewalt hat nicht viel mehr in die Waagschale zu werfen als den Mut der Verzweiflung. Ansonsten bleibt Ohnmacht. Das Spiel bestimmen die Wirtschaftsbosse. Was hier im Kleinen erzählt wird, hat Autor Florian Oeller (NDR-„Tatort“) auch in die große Story gepackt. Der Hase hat das Nachsehen gegenüber dem Igel. Da muss schon mal ein (tragischer) Zufall den Journalisten in die Karten spielen. Aber auch dann fallen die kurzzeitig angeschlagenen Strippenzieher wieder auf die Füße.
Die erste Szene ist auch in anderer Hinsicht beispielhaft – allerdings nicht im Sinne von vorbildlich: So schildert Nina Kunzendorfs Hauptfigur weniger dem Norgren-Mann das „Schicksal“ des Whistleblower Holthaus, sondern dem Zuschauer. Sollte „Jagd in Kapstadt“ nicht – wie in der Presse-Kopie – ein „Was bisher geschah“ vorangestellt werden, dürften die nachgereichten Fakten zu „Tödliche Geheimnisse“ für Zuschauer, die diese Episode nicht kennen, an dieser Stelle Vorrang gegenüber der Eleganz der Narration haben. Allerdings zieht sich der Hang zu Erklärdialogen durch den gesamten Film. Da hilft es manchmal, dass die beeindruckende Kulisse, die südafrikanische Sinnlichkeit der Natur, das Rauschen des Meeres, das Spiel der Farben ablenken vom faktengesättigten Dialog, der in erster Linie Infos von Teil 1 nachreichen soll. Auf zwei „Rechercheure“ plus Hiwi zu setzen, ist ein auch in Krimis gern verwendeter Autorentrick, um über die vordergründige Handlung hinaus etwas komplexere Sachverhalte vermitteln zu können. Wenn dann noch ständig Handy-Gespräche ins Spiel kommen, erkennt selbst der unbedarfteste Zuschauer, dass diese Methode der Informations-Vergabe eine der denkbar simpelsten ist. Ein Beispiel für ein dagegen eher launiges „Referat“ über die wirtschaftspolitischen Widersprüche zwischen Erster und Dritter Welt gelingt dem Österreicher Michael Ostrowski: Diese Nummer ist schon fast Kabarett. Mit viel Text wird auch Z.O.E. vorgestellt: Hier sind es auch wieder die Schauspieler, Nina Kunzendorf und Benjamin Sadler, die dem Zuschauer konzentriert und sehr anschaulich das Krebs-Projekt präsentieren und auf Widersprüche („Human“-Tests in Afrika) hinweisen.
Wirtschaftsthriller ist schwer; aus solchen Stoffen einen Film zu machen, der auch ästhetisch und dramaturgisch überzeugt, ist eine echte Herausforderung. „Tödliche Geheimnisse – Jagd in Kapstadt“ nimmt diese Herausforderung nur unzureichend an. Besonders problematisch ist die Makro-Struktur des Films. Die zahlreichen parallelen Handlungsstränge schlüssig unter einen Hut zu bekommen, gelingt Oeller und Regisseurin Sherry Hormann nur selten – und so will ein spannender Erzählfluss nicht aufkommen. Dass die Journalistinnen den Wirtschafts-Entscheidern hinterher hecheln, mag realistisch sein, dramaturgisch entsteht dadurch aber viel Redundanz. Und da der Abstand zwischen den miteinander korrespondierenden Szenen eines Erzählstranges häufig groß ist, bleibt einiges der Handlung nur schwer nachvollziehbar – und kann erst retrospektiv aufgelöst werden (beispielsweise der Strang um Holthaus, den Norgren offenbar mit seinem Sohn unter Druck setzen will). Da sind mitunter ein paar Fragezeichen zu viel – die Folge: Es kommt keine echte Spannung auf, und Überraschungen ersetzen den möglichen Thrill. Eines allerdings muss man dem Film zugute halten: Oeller vermeidet mehr als in der ersten Episode Räuberpistolen-Effekte. Mord gehört nicht mehr zu Norgrens Methoden, damit wird die mögliche Fallhöhe verringert. Es geht nicht mehr um Leben und Tod. Dieser größeren Realitätsnähe gegenüber steht dann ein geringeres Bedrohungspotenzial, weniger Suspense und schließlich auch eine weniger dynamische Handlungsführung.
Im Kleinen dagegen weiß der Film immer wieder zu überzeugen. Die Besetzung hat Klasse. Die spannendste Rolle ist auch dieses Mal wieder Katja Riemanns wunderbar ambivalente Konzernchefin, scharfsichtig, mit Schnauze und unverschämt selbstgerecht. Dagegen hat es die integre Protagonistin schwer, Nina Kunzendorf spielt sie als eine Frau, die gleichermaßen mit Kopf und Bauch ganz bei der Sache ist. Etwas weniger Facetten als im ersten Teil besitzt die Rolle von Anke Engelke, und Paula Beers Tessa (auch wenn sie sich in einer Szene als Tochter ihrer Mutter zeigt) ist fast abgetaucht, spielt nur noch in Bezug auf Lilian Norgren eine Rolle. Wie das große Weltgeschehen runtergeholt wird aufs Zwischenmenschliche und somit die Machtmenschen ein Stück weit entzaubert, aber eben auch „normalisiert“ werden – das ist nicht ohne Reiz, insbesondere im Verbund mit diesen Schauspielern. Dabei fällt auf, dass neben Wirtschaft, Wissenschaft und den Medien eine Institution fehlt: die Politik.