Ein Mädchen ist von einer Brücke in den Rhein gestürzt. Es gibt keinerlei Hinweise auf einen Täter; damit ist der Tod kein Fall für die Mordkommission. Doch wie so oft spürt Lena Odenthal, dass hinter dem Sturz mehr steckt als bloß ein Suizid. Tatsächlich ist die kleine Giri kurz zuvor Opfer einer versuchten Vergewaltigung gewesen. Der Täter, Schwimmlehrer Nock (René Hofschneider), versucht nun fieberhaft, alle Spuren zu verwischen. Als erstes will er auf einem Schrottplatz das Auto seiner Freundin loswerden, denn darin sind Blutspuren des Mädchens. Als Schrotthändler Scherkamp ihn durchschaut, stirbt er im Schredder. Nur durch Zufall gibt es überhaupt einen Hinweis auf den Mord: Der Schredder stampft die Autos unter großer Hitzeentwicklung zu faustdicken Partikeln; allein Scherkamps künstliches Hüftgelenk hat die Prozedur überstanden. Kommissarin Odenthal und Kollege Kopper stehen vor einem weiteren Rätsel: Zu dem Tod im Rhein, der allem Anschein nach kein Mord war, kommt nun eine Tat ohne Leiche, ohne Täter, ohne Motiv – das scheinbar perfekte Verbrechen; doch dann stellt sich heraus, dass die beiden Fälle zusammen gehören…
Auf ganz leisen Sohlen entfaltet der „Tatort – Schrott und Totschlag“ aus Ludwigshafen seine Wirkung. Das Drehbuch von Dorothee Schön geht äußerst behutsam mit dem Thema Kindesmisshandlung um. Die Tatsache, dass man die Identität des Täters kennt, ermöglicht zwar nicht die gewohnte Whodunit-Spannung, sorgt dafür aber für einen emotional umso wirkungsvolleren „Suspense“ (jene Hitchcocksche Art des Mehrwissens), der in einer weiteren Bedrohung gipfelt:sorgt dafür aber für einen emotional umso wirkungsvolleren „Suspense“ (jene Hitchcocksche Art des Mehrwissens), der in einer weiteren Bedrohung gipfelt: Je mehr Spuren Nock verwischt, um so größer wird die Gefahr für das Mädchen, das die verhängnisvollen Triebe überhaupt erst in ihm ausgelöst hat und unfreiwillige Zeugin seiner Verfehlungen wurde: die kleine Tochter von Nocks Freundin.
Schöns sensibler Umgang mit dem heiklen Thema findet seine Entsprechung in der Inszenierung durch Jürgen Bretzinger. Gänzlich unspektakulär und unter Verzicht auf jeden Verdacht von Effekthascherei setzt der Regisseur die Geschichte in Szene; trotzdem hält er geschickt die Balance zwischen Krimi-Routine und der nahe liegenden Gefahr, voyeuristische Bilder zu produzieren. Natürlich kann die Geschichte nicht verleugnen, hochgradig konstruiert zu sein. Über weite Strecken gelingt es Bretzinger, dies zu kaschieren. In mindestens zwei Fällen muss Autorin Schön die „Gutmütigkeit“ der Zuschauer allerdings ziemlich strapazieren, um die losen Enden miteinander zu verknüpfen: Als Kopper auf dem Schrottplatz gerade noch verhindern kann, dass sein Auto ebenfalls geschreddert wird, findet er inmitten des Autoberges prompt jenes Küchenmesser, mit dem Giri verletzt und der Schrotthändler ermordet worden sind. Und Giris Großvater identifiziert den Mörder anhand eines Jugendfotos, obwohl er ihn nur wenige Sekunden gesehen hat. (Text-Stand: 6.1.2002)