Gerade noch den Sohnemann zum ersten Mal ins Stadion ausgeführt – da liegt der Traumtorschütze von Hannover 96 tot im Dreck. Verdächtige gibt es eine ganze Latte. Lindholm hat mehrere Hooligans im Visier. „Wir sollten den Kerl einfach abknallen“, tönte einer kurz vor dem Tod von Kevin Faber im Chat der Szene. Ein Homosexueller befand sich in der Nähe des Tatorts. War der Fußballer vielleicht schwul? Er hatte eine Freundin. Vielleicht also eine Eifersuchtstat? Oder spielte das große Geschäft eine Rolle? Sein Manager sah die Zukunft seines Schützlings offenbar etwas anders als er selbst. Aber auch der beste Freund des Toten benimmt sich seltsam. Nach dem Spiel stritten die beiden heftig. Was war der Grund? Hatten die beiden ein Verhältnis? Lindholm stochert durch die Abgründe von König Fußball und stößt dabei auf einen „Hooligan“, in den sie sich glatt vergucken könnte.
Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußballbundes, soll die Idee, einen „Tatort“ zum Thema Homophobie zu machen, ins Spiel gebracht haben. „Ich halte es für relativ unwahrscheinlich, dass bei so vielen Homosexuellen nicht einer davon auch im Fußball zu finden ist“, sagt Maria Furtwängler. In „Mord in der ersten Liga“ kommt es denn auch zum Outing eines Bundesliga-Spielers. Und – so viel sei verraten – er wird in der Schlussszene wieder auflaufen, wenn sich Lindholm abermals mit ihrem (am Fußball desinteressiert wirkenden) Sohn David ins Stadion aufmacht – und ihr Blick ganz am Ende den Blick jenes sympathischen Hooligans trifft, der eigentlich ein Journalist ist. Furtwängler: „Der Film soll eine Anregung sein, über das Thema nachzudenken – auch über die eigenen Vorurteile.“
Und was bringt „Mord in der ersten Liga“ als Krimi? 1. Die üblichen Verdächtigen und ein lineares Abarbeiten an ihnen. 2. Alberne Alleingänge der ungeduldigen Verfechterin der Gerechtigkeit. 3. ein paar inkonsequent ausgespielte Adrenalinkicks. Wenn man sich schon dem Effekt verschreibt (sprich: für den Gang der Handlung ziemlich überflüssige Hooligans-Kloppereien einbaut, das Sterben als Handy-Film doppelt etc.) dann sollte man Szenen wie die von Lindholms Durchsuchung einer Wohnung, während der gemeingefährliche Mieter naht, wirkungsvoller ausspielen, also echtes Suspense-Kintopp daraus machen. Dieser Film ist eine Ansammlung von Halbheiten. So wie man Lindholm keine seelische Tiefe abnimmt, weil sich das aus der Summe ihrer Fälle nicht ergibt, so kann man auch den Szenen, in denen sie Empathie zeigen soll, einfach nicht glauben. Solche Momente sollen klein, leise sein – und wirken doch stets ausgestellt. Die Szenen zwischen Lindholm/Furtwängler und dem sich outenden Fußballer oder zwischen ihr und dem Journalisten, der in der Hooligans-Szene recherchiert, behaupten etwas. Sie behaupten Emotion und wirken doch durch und durch kalkuliert. So ist „Mord in der ersten Liga“ nur ein Lindholm-Krimi aus der zweiten Liga.