Ist der im Kölner Klingelpützpark tot aufgefundene Rentner Zeuge bei einer Entführung geworden und dabei unglücklich zu Tode gekommen? Eine Augenzeugin will das so ähnlich gesehen haben. Nur weshalb melden sich dann keine Angehörigen des Entführungsopfers? Durch einen Zufall stößt Ballauf auf den möglichen Entführten – beim Hausbesuch bei dessen Eltern, einer nach außen wohlhabenden Bauunternehmerfamilie, wird es Gewissheit: die Kidnapper wollen eine Million Euro und forderten – „keine Polizei!“ Schenk durchstöbert Entführungsfälle auf dieselbe Handschrift hin und stößt auf die Thoms. Das Ehepaar leidet noch immer unter der Entführung: Das Opfer, der Ehemann, ist noch nach Jahren schwer traumatisiert von der wochenlangen Gefangenschaft mit Todesangst. Viel helfen können sie der Polizei nicht. Durch den alten Fall ergibt sich dennoch eine heiße Spur. Seltsam nur, dass sich die Erpresser tagelang nicht melden. Lebt der entführte Wächter-Sohn überhaupt noch? Schenk und Ballauf wollen es wissen – und stellen den Tätern eine Falle.
Foto: WDR / Uwe Stratmann
Es ist nicht leicht, die Geschichte dieses wendungsreichen Krimis von Norbert Ehry nachzuerzählen, ohne dabei zu viel zu verraten. Tatsache ist: „Keine Polizei“ ist der beste Köln-„Tatort“ seit Langem. Die Geschichte nimmt überraschende Wendungen an, besitzt spannende Szenen, aber auch insgesamt ein prima Timing. Die Schauspieler sind gut, passen sich der starken Handlung an, ordnen sich aber dem durchdachten dramaturgischen Gefüge unter. Auch die Kommissare halten sich – dem Entführungsfall angemessen – im Hintergrund. Sie ermitteln ernsthaft, dabei liegt Max Ballauf mit seinen Theorien und psychologischen Tricks oft ziemlich daneben, während Freddy Schenk ein besseres Näschen beweist. Kein Buddy-Gewitzel und auch mit ihren oft reichlich moralinsauren „Wir-sind-das-gute-Gewissen-der-Nation“-Kommentaren halten sie sich angenehm zurück.
Die „Auflösung“ durch Regisseur Kaspar Heidelbach (endlich mal wieder am „Tatort“ Köln!), und Kameramann Achim Poulheim ist weit über dem WDR-„Tatort“-Gewohnten. Da versuchen stets die Bilder, etwas mitzuerzählen oder dem Auge zumindest spannende Abwechslung zu gewähren. Das fängt an bei der coolen Ausleuchtung des Kommissariats mit Dauerregen an den Fensterscheiben und endet bei der geliebten Würstchen-Bude am Rhein. Sie wird von herbstlichem Nebel umhüllt. Das sieht nicht nur gut aus. Das passt auch zur Atmosphäre dieses Krimis. Zudem ist das Schlussritual, das oft albern ist und „angeklatscht“ wirkt, in „Keine Polizei“ ein leiser, versöhnlicher Ausklang, der diesem realistisch harten, für Kölner Verhältnisse dunklen „Tatort“ und den Zuschauern gut tut. (Text-Stand: 18.12.2011)