Ein Immobilienmakler ist erschlagen worden. Ein Mann fürs Grobe. Die rechtswidrige „Entmietung“ preiswerter Wohnungen war sein Metier. Andere Spuren scheint dieser Mann nicht hinterlassen zu haben. Ein Mann ohne soziale Kontakte. Ist er Opfer seiner rüden Methoden geworden? Menschen, die mit ihm gesehen wurden oder Streit hatten, gibt es einige. Aber so richtig verdächtig ist erst einmal keiner. Dagegen benimmt sich eine wieder gefundene, alte Freundin von Kripo-Assistentin Rosinsky äußerst auffällig. Sie war am Tatort, wirkt nervös, unsicher und ihr neuer Lebensgefährte hat ein prall gefülltes Vorstrafenregister. Als sie einen Kleinunternehmer aus dem Schanzenviertel belastet, stellt sie Stubbe & Co vor schwierige Ermittlungsaufgaben. Sagt diese durch Insolvenz und Scheidung gebeutelte Frau die Wahrheit? Oder lügt sie, weil sie entweder ihren Freund, ihren einzigen Halt im Leben, nicht wieder verlieren will? Oder hat sie vielleicht selbst etwas mit dem Mord zu tun?
„Der König ist tot“ ist ein starker „Stubbe“. Das Drehbuch von Astrid Ströher ist clever gebaut, als Rückblende konstruiert und – was den Plot angeht – spannungsdramaturgisch perfekt verdichtet. Für die letzte halbe Stunde haben sich drei Verdächtige herausgeschält – und wie man den Mordfall auch dreht und wendet, für jeden als Täter gibt es gleichsam gute Argumente. Mit dem Erreichen des Ausgangspunkts der Rückblende kommt noch ein formales spannungssteigerndes Moment hinzu. Weitgehend gelungen auch, wie die soziale Kritik in die Geschichte eingeflochten ist. Das Schanzenviertel im Würgegriff der Spekulanten. Auch wenn sich die Kommissare gelegentlich als Anwälte des kleinen Mannes arg moralisierend ins Zeug legen, so dient doch die gesellschaftspolitische Komponente der Geschichte in erster Linie zur plausiblen Unterfütterung des Mordfalls. Auch die privaten Angelegenheiten sind hinsichtlich des Reihen-Finales in der nächsten Episode mit Weitblick in die Geschichte integriert. Sogar das Hamburger Problem bezahlbaren Wohnraums findet im Familie-Stubbe-Nebenstrang seinen Widerhall. Und dass es des Kommissars Herzblatt Marlene wieder nach Dresden zieht, bietet eine Steilvorlage für Stubbes Pensionierung. Da ist es kein Zufall, dass beider Dates am Elbufer stattfinden. Schöne Wehmut liegt auf diesen Szenen.
Dass ein guter Regisseur aus einem guten Buch einen richtig guten Film machen kann, das beweist dann auch noch Bernd Böhlich und mit ihm sein kongenialer Kameramann Gero Steffen. Der konzentrierte Bildstil und ein überaus ökonomischer Schnitt nehmen den Kommissaren ihr sonst oft nervendes Routinegebaren. Es bleibt keine Zeit für das alberne rituelle Geplänkel zwischen Stubbe und Zimmermann. So wie die Geschichte näher ran geht an die Schicksale, die Gefühle, die Psychologie der Charaktere, so geht die Kamera auch sehr viel näher ran an die Protagonisten. Wenn’s familiär wird, kuschelt sie sich geradezu bei den Schauspielern an. Und wie immer in den ernsthaftesten und nachhaltigsten „Stubbe“-Krimis lassen sich die Schauspieler nicht zwei Mal bitten. Dass Wolfgang Stumph auch anders kann, weiß man schon lange. Böhlich schafft es nun, selbst Lutz Mackensy mit seinen Zimmermann-Manierismen zu bändigen. Und das Sahnehäubchen sind die Gastschauspieler: Ben Becker, auch einer, der es gern „bigger than life“ mag, bleibt auf dem Boden der harten Wirklichkeit; Milan Peschel scheint seit „netto“ die Ikone des Sozialverlierers zu sein, was er aus seinen drei, vier Szenen macht, ist weit mehr als die üblichen Rollen-Signale zu setzen; und Judith Rosmair als leidvoll sozial Abgestürzte ist das Gesicht, das einem aus diesem Film in Erinnerung bleiben wird… Wer hätte einmal gedacht, dass vor dem 50. und letzten „Stubbe“ beim Kritiker-Zuschauer Wehmut aufkommen könnte. (Text-Stand: 9.12.2013)