Drei junge Muslime im Berliner Großstadt-Dschungel zwischen Moschee und Disco, zwischen Polizeieinsatz und Großküche. Da ist Maryam, die unter den körperlichen und seelischen Folgen einer Abtreibung leidet. Da ist der Nigerianer Samir, der vergeblich gegen seine Homosexualität ankämpft. Und da ist der ungläubige türkische Polizist Ismail, den ein folgenschwerer Dienstunfall traumatisiert hat. Im Fastenmonat Ramadan geraten die drei in eine tiefe Lebenskrise. Ihre Wege kreuzen sich bei Maryams Vater, einem toleranten, weltoffenen türkischen Imam. Er leistet Beistand so gut es geht. Die größten Probleme bereitet ihm die eigene Tochter: denn Maryam entwickelt sich zu einer religiösen Fanatikerin.
Soundtrack: Moderat („A new error“ & „Rusty Nails“); außerdem Hünay Kapli („Heli Doluyum“), Tarik Sarzep („Hatira“), Dilek Keskin („Taste of my love“)
Burhan Qurbanis „Shahada“ lief 2010 im Wettbewerb der Berlinale. Im Fernsehen ist der mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnete Film aus der Redaktion „Kleines Fernsehspiel“ besser aufgehoben. Die Episodenstruktur dieses düsteren Großstadtfilms mit ihren Auslassungen und Sprüngen weckt Neugier an den Geschichten der Protagonisten – bis Qurbani zur Filmmitte hin seine Dramaturgie verlässt. Alle Fragen, die Geschichte betreffend, sind beantwortet und der Film hat nicht mehr viel zu erzählen, Maryam dafür umso mehr. Und die Dialoge gehören neben der Psychologie der Figuren nicht zur Stärke von „Shahada“.
Die strenge Strukturierung des Films, die den „Fünf Säulen des Islam“ nachempfunden ist, die Hingabe, das Opfer, die Selbstaufgabe, die Entscheidung, die Reinigung, raubt dem Film zwar die Möglichkeiten des Lebendigen, entspricht aber weitgehend dem Thema und dem Konzept dieses Debütfilms. Qurbani geht es weniger um die Sinnlichkeit des Geschichten-Erzählens. Die etwas schematisch dargestellten Konflikte junger Muslime, die mit der westlichen Kultur in Widerspruch geraten, werden – etwas didaktisch freilich – ungekünstelt gegeneinander gesetzt. Kammerspielhaft und konzentriert in der Anmutung und semantisch ein bisschen zu klar sind die Szenen inszeniert. Auch in den Bildern herrscht der Hang zum Überdeutlichen. „Shahada“ ist nichts für Ästheten, die sich einen Film selbst erschließen wollen. Als Diskussionsgrundlage aber (beispielsweise für Schulen) ist Burhan Qurbanis Diskurs über Integration, Identität und Islam überaus geeignet. (Text-Stand: 20.8.2011)