Isabelle Corthen ist eine außergewöhnliche Frau, bei der es auf ein paar Millionen nicht ankommt. Sie ersteigert mal eben einen Monet für 22 Millionen Dollar. “Ich hätte für dieses Bild alles bezahlt, fast alles”, sagt sie und ihr Blick verklärt sich. Über den Dächern von New York steht sie und lässt sich von der Magie des Kunstwerk einfangen. “Der Seerosenteich” des französischen Impressionisten weckt in ihr Erinnerungen. Ihr bisheriges Leben zieht an ihr vorbei. Ein Leben, das um eine berufliche Vision und eine unerfüllte Liebe kreist.
“Der Seerosenteich” ist ein zweiteiliger Hochglanz-Fernsehfilm der besonderen Art. Natalia Wörner ist mit ihrer Darstellung ein ebenso sensibles wie sinnliches Frauen-Porträt gelungen. Als Vorlage diente der gleichnamige Roman von Christian Pfannenschmidt (“Girl Friends”). Man spürt die Dichte der Vorlage und das dramaturgische Können von Autorin Gabriela Sperl (“Eine Liebe in Afrika“), die die Geschichte als ein postmodernes Springen durch die Zeiten erzählt. Wie bei einer Zwiebel schält sich so der Zuschauer nach und nach zum Kern der Heldin vor. In einer Welt, in der schöne Menschen schöne Dinge tun, fühlt sich auch der österreichische Emotionskünstler, Regisseur Johannes Fabrick, sichtlich wohl.
Isabelle Corthen ist eine der international anerkanntesten Modedesignerinnen. Sie kommt aus einfachen Verhältnissen. Ihre Mutter war Haushälterin bei besseren Leuten. So hat Isabelle früh Kontakt zur feinen Gesellschaft. Nach dem Selbstmord ihrer Mutter wegen einer unerfüllt gebliebenen Liebe wächst sie bei den Trakenbergs auf. “Ich weiß, dass ich hierher gehöre”, sagt sie strahlend, als sie mit 18 Jahren zum ersten Mal im Kontor ihres Gönners steht und die erlesenen Stoffe befühlt. Wenig später geht sie bei der gefeierten Mödeschöpferin Puppe Mandel in die Lehre (Hannelore Elsner in ihrer unnachahmlichen Art). Während dieser Jahre ist sie verliebt in Jon (Tim Bergmann). Es ist mehr als eine Jugendliebe. Jeder von beiden ist sich sicher, dass der andere die Liebe seines Lebens ist. Doch ihre Liebe hält nicht. “Vielleicht ist Glück nicht meine Sache”, sagt sich Isabelle.
“Die Geschichte von Isabelle und Jon ist eine Geschichte der verpassten Momente, wie so oft bei ganz großen Lieben”, sagt Natalia Wörner. Sie schafft es, in diesem eleganten Mehrteiler hinter der Fassade der toughen Business-Frau einen facettenreichen Menschen mit einer bewegten Biografie sichtbar zu machen, eine Frau, der ihr Beruf Spaß macht. “Der Seerosenteich” erzählt eine Selbstfindungsgeschichte zwischen Kreativität, Sehnsucht und Verdrängung. Der Film berührt, ohne sich im Kitsch zu verlieren. (Text-Stand: 6.2.2003)