Fast jeder Mensch hat eine Liste mit Erlebnissen, die sein Herz höher schlagen lassen: Augenblicke, die so schön waren, dass allein die Erinnerung daran genügt, um glücklich zu sein. In Annas Gedächtnis ist die entsprechende Ecke offenbar leer. Ihre Träume blieben unerfüllt; auf dem Weg nach Afrika ist sie im Schnellimbiss am Flughafen stecken geblieben, wo sie an der Kasse sitzt. Und sie ist einsam: Wenn sie mit jemandem reden möchte, ruft sie die Auskunft an. Doch auch Anna hat eine Liste. Auf ihr hat sie Dinge notiert, die sie noch erledigen möchte: einmal „Vom Winde verweht“ im Kino sehen, einmal an Weihnachten ein Essen für Freunde veranstalten. Aber es ist Heiligabend, und das Kino macht zu; und Freunde hat Anna natürlich auch keine – bis jetzt. Denn vor dem Kino trifft sie Eddie. Eddie ist ebenfalls einsam, Eddie hat ebenfalls Träume. Und er hat Kraft genug, um Anna die Freude am Leben zurückzugeben; aber dann bleibt nicht mehr genug für ihn selbst.
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„Schutzengel gesucht“ klingt wie eine tieftraurige Weihnachtsgeschichte, und im Grunde genommen ist sie das auch: das Porträt zweier Menschen, die sich vom Leben im Stich gelassen fühlen; im Melodram würden sie sich gegenseitig in die Tiefe ziehen. Doch der amerikanische Drehbuchautor Ben Taylor ist vor allem durch Komödien („Abgeschminkt“, „Stadtgespräch“) bekannt geworden. Deshalb ist seine Weihnachtsgeschichte eine romantische Melodramödie mit Happy End, die vor allem von ihren beiden vorzüglichen Hauptdarstellern Bettina Kupfer und Armin Rohde lebt. Die größte Herausforderung für beide bestand darin, die gegensätzliche Entwicklung ihrer Figuren glaubhaft zu verkörpern: Kupfer muss vom einsamen Mauerblümchen zur lebensbejahenden Frau werden, die an Ausstrahlung gewinnt, ohne dabei zu übertreiben. Rohde wiederum beginnt zwar als personifiziertes Antidepressivum, doch unter der gutgelaunten Oberfläche ist von Anfang an seine Unsicherheit präsent; denn als Eddie, die Frohnatur, Annas begehrenswerte Seite freigelegt hat, bekommt er plötzlich Angst, er sei nicht gut genug für sie. Außerdem hat er sich auch ein bisschen aufgespielt und sich als Busfahrer ausgegeben; doch sein Traum platzt, als er bei der Fahrprüfung an seiner Rechts/Links-Schwäche scheitert.
Regisseur Miguel Alexandre erzählt diese verzwickte Romanze dramaturgisch ganz gradlinig. Seine Inszenierung verzichtet auf alles, was irgendwie von den beiden Hauptfiguren ablenken könnte; der sachliche Stil verbietet es regelrecht, von einem Weihnachtsmärchen zu sprechen. Doch genau das ist der Film, denn die höheren Mächte aus dem Filmtitel lassen es sich nicht nehmen, hin und wieder behutsam lenkend einzugreifen. (Text-Stand: 12.12.2001)