Vor einiger Zeit gab’s die Geschichte schon mal in einem Freitagsfilm der ARD, und sie war vermutlich nicht das einzige Vorbild für diese Verfilmung einer Kurzgeschichte von Rosamunde Pilcher: In „Nicht mit mir, Liebling“ (2012) ertappte die Frau eines Kleinstadt-Bürgermeisters den Gatten bei einer außerehelichen sexuellen Aktivität und ließ sich bei der anstehenden Wahl als Gegenkandidatin aufstellen. Auch „Wahlversprechen und andere Lügen“ ist eine sehr freie Adaption des Slogans „Das Private ist politisch“. Hier liegt der männliche Seitensprung bereits drei Jahre zurück. Damals hat sich Greg Dukakis (Medina), Kandidat fürs britische Unterhaus, in flagranti erwischen lassen; das hat ihn nicht nur den Wahlsieg, sondern auch die Ehe gekostet, weil Gattin Abbey (Denise Zich) umgehend die Scheidung eingereicht hat. Nun steht eine erneute Wahl an, und das Ex-Ehepaar sieht sich öfter, als ihm lieb ist: Abbey, Tochter aus ausgesprochen gutem Haus, hat sich als Gegenkandidatin ihres Ex-Mannes für die „Roten“ aufstellen lassen. Zu allem Überfluss haben sich ihre Mutter (May) und sein Vater (Oliveri), beide alleinstehend, ineinander verliebt und wollen heiraten. Außerdem sind sie der Meinung, dass Greg und Abbey nach wie vor gut zusammen passen.
Die Geschichte entspricht in vielerlei Hinsicht dem erwartbaren Muster, und nicht nur die handelnden Personen erfüllen ausnahmslos die üblichen Klischees solcher Filme; wenn Vater Dukakis die Großfamilie zum Grillfest lädt, ertönen selbstredend Sirtaki-Klänge. Immerhin hat das Drehbuch (Martin Wilke) einige hübsche Momente zu bieten, auch die Dialoge sind recht flott. Die vorläufige Wiedervereinigung des Paares ist plausibel erzählt, zumal der vermeintlich untreue Gatte damals das Opfer eines Komplotts war. Auch die Umsetzung ist im Großen und Ganzen durchaus ansehnlich, der Film hat keine Längen, weil ständig irgendwas passiert. Ärgerlich sind bloß die obligaten optischen „Herzkino“-Versatzstücke mit ihren unmotivierten Küstenflügen und den Zooms auf das stattliche Anwesen von Abbeys Mutter (Kamera: Holger Greiß). Inszenierung und Darstellerführung sind zudem komplett unsubtil (Regie: Hans-Jürgen Tögel). Dazu passen auch Licht, Musik, Kostüm & Ausstattung: Alles ist hell und freundlich und soll wohlige Stimmung verbreiten. Als Greg und Abbey allerdings vor einem Gewitter fliehen, erzeugt die Musik eine völlig übertriebene Dramatik, als sei ihnen eine Horde wilder Tiere auf den Fersen. Auch das Wetter spielt nicht immer mit. Da die Zeiten vorbei sind, in denen ein Filmteam warten konnte, bis die Sonne wieder scheint, wirken einige der Küstenszenen eher ungemütlich; vom Wind, der die Frisuren zerzaust, ganz zu schweigen.
Vor allem aber hat „Wahlversprechen und andere Lügen“ ein darstellerisches Manko. Francisco Medina ist zwar eine eindrucksvolle Erscheinung und dank seiner markanten Gesichtszüge als Nachfahre griechischer Einwanderer sehr glaubwürdig, wirkt aber eher hüftsteif und erinnert an die verschiedenen körperlich überzeugenden, schauspielerisch aber eher limitierten „Superman“-Mimen. Verblüffend ist allerdings sein volltönender Bariton, gerade im Gegensatz zur Mädchenstimme von Denise Zich, der man die Politikerin ohnehin nur bedingt abnimmt. Die Nebenfiguren sind dagegen schematisch besetzt; Sven Waasner zum Beispiel vermittelt als Abbeys machtgieriger und korrupter Wahlkampfmanager schon beim ersten Auftritt, dass er Dreck am Stecken hat. Kim-Sarah Brandts wiederum entspricht als Abbeys bulimiekranke Model-Schwester zwar inhaltlich dem Klischee, ist aber entschieden zu unglamourös für ein angeblich angesagtes Model. „Wieder mal nur zweite Wahl“, sagt Abbey über Greg, als sie noch nicht versöhnt sind; ein perfektes Filmfazit.