Katja macht sich Sorgen um ihre pubertierende Tochter. Jessy verbringt die meiste Zeit im Netz, sie trifft sich nicht mehr mit Freunden, hat keine echten Kontakte mehr, nur noch Follower. Als der Streit eskaliert, zieht die Mutter den Stecker. Das bedeutet, das Mädchen hat vorübergehend keinen Kontakt mehr zu ihrer virtuellen Busenfreundin „Chrissy“. Kaum auszuhalten, ist sie doch die einzige, die Verständnis für Jessys Situation aufbringt, die versteht, wie es ihr nach der Trennung ihrer Eltern geht. Auch „Chrissy“ ist wütend über das Online-Verbot. Es dauert nicht lang – und Katja bekommt diese Wut mit Existenz bedrohender Wucht zu spüren: bald hat sie kein Geld mehr, keine Freunde, keinen Job und dann will die ominöse „Chrissy“ ihr offenbar auch noch ihre Tochter Jessy wegnehmen.
Es ist Ironie des Schicksals, dass die erwachsene Heldin in dem TV-Movie „Online – meine Tochter in Gefahr“ Opfer jener Sorglosigkeit und Unkenntnis dem Internet gegenüber wird, die sie bei ihrer Tochter zuvor moniert hat. Der „Gegner“ jener Kölner Buchhalterin knackt ihre Passwörter, tätigt daraufhin in ihrem Namen Online-Käufe und schreibt eine verhängnisvolle Rund-Mail. „Kriminalistischer Grundsatz: Wo Daten erhoben werden, da werden sie auch missbraucht“, klärt der Bulle aus der Abteilung Internetbetrug die verzweifelte Mutter auf. Mit dieser Horrorvision wollen Drehbuchautor Timo Berndt und Regisseur Oliver Dommenget weniger aufklären, als vielmehr die realen Ängste für ihren Film nutzbar machen. Das Sat-1-Movie entwirft zwar ein Was-wäre-wenn-Szenario, ist aber in erster Linie ein Thriller, der sich des Internets als Mittel zum Aufschreck-Zweck bedient. Am Ende wird das Medium dann noch einmal ganz anders eingesetzt: als Lebensretter.
Sat-1-Allzweckwaffe Annette Frier macht auch als verzweifelte Mutter eine recht gute Figur. Der Film, der – und das ist das Beste, was man über ihn sagen kann – durchweg spannend ist, wird dadurch nur bedingt besser. Er setzt auf eine bipolare Dramaturgie, wie sie im TV-Movie der 90er Jahre üblich war, auch wenn Timo Berndt sie in ein ansprechenderes, weniger knalliges Ambiente überführt. Ideologisch wie rhetorisch ist das Ganze trotz des Themas Internet-Missbrauch eine ziemlich anachronistische Angelegenheit. „Online – meine Tochter in Gefahr“ ist eine Räuberpistole. Die Heldin wütet, ist in höchster Aufregung und das Sounddesign dröhnt bedrohlich – die Löcher in der Psychologie des Psychopathen als auch die hanebüchene Logik der Rückblendenerzählung lassen sich dennoch schwer übersehen.