Goldrausch in Schwanitz. Weil an einer Leiche Goldstaub entdeckt wird, erinnert man sich in dem kleinen Ort an der Ostsee an dessen goldene Zeiten im 18. Jahrhundert. Lona Vogt (Henny Reents) und Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann) machen nicht mit Metalldetektoren die Gegend unsicher, sie folgen den kriminologischen Spuren des Edelmetalls. Dabei stoßen sie auf ein Dentallabor und einen Bernsteinjuwelier (Christoph Tomanek). Der und seine Frau (Cornelia Dörr) machen sich verdächtig, aber ein Motiv lässt sich nicht finden. Der Tote war ein Immobilienmakler, der wegen des Nachlasses seiner verstorbenen Mutter vor ein paar Wochen nach Schwanitz gekommen war und hier große Pläne hatte. Aber auch der Immobilienrausch dieses Mannes scheint mit dem Mord nichts zu tun zu haben. Erst als Jule Christiansen (Marleen Lohse) den Hund der verstorbenen Mutter des tot getretenen Mordopfers findet, kommt wieder Bewegung in die Ermittlungen. Jener Lucky könnte Zeuge des vermeintlichen Todschlags gewesen sein, denn sein Fell ist übersäht von jenem Goldstaub, der an der Leiche gefunden wurde. Die Überführung des Täters scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Ob danach allerdings wieder Ruhe in Schwanitz einkehren wird? Der Goldrausch scheint vorbei zu sein. Aber es könnte eine andere Gefahr lauern.
Wie im Leben verändern sich in „Nord bei Nordwest“ auch die Hauptcharaktere. Besonders Jule Christiansen. „Anfangs war Jule sehr aufgedreht, redete ununterbrochen, war immer in Bewegung. In den letzten fünf Jahren ist sie ruhiger geworden und nicht mehr so stürmisch.“ (Marleen Lohse)
Der Krimifall von „Gold!“, der siebten Episode aus der immer beliebter werdenden ARD-Reihe „Nord bei Nordwest“ (zuletzt: 6,67 Mio. Zuschauer), ist nicht übermäßig aufregend. Das Gold sorgt zwar kriminalistisch für allerhand Kombinationsspielchen, am Ende aber ist alles nicht mehr als cleverer Zierrat für ein eher simples Verbrechen, bei dem ein Hauch von Psychologie und Gesellschaftskritik mitschwingen. Mehr von Belang für das gute Gelingen des Films sind hingegen die komödiantischen Spuren, die das Motiv hinterlässt. Der Goldrausch setzt die in die Reihe bereits eingeführten Nebenfiguren wie das kauzige Bestatter-Duo oder Mehmet Ösker, den geschäftstüchtigen Alles-Verkäufer (diesmal Metalldetektoren), in Bewegung und sorgt für einige skurrile Momente. Köstlich, wie sich da Töteberg & Bleckmann in die Champions-League ihrer tödlichen Zunft träumen. Stephan A. Tölle und Regine Hentschel vermitteln die Situationskomik so fein nuanciert, dass man diese an sich albernen Momente als gern gesehene Zwischenspiele goutiert. Noch feiner das Lächeln, das Hentschel ihrer Bestatterin schenkt, als im Zusammenhang mit den Bestattungskosten der Beruf des Verstorbenen („Das sind ja meist vermögende Leute“) zur Sprache kommt.
„Man weiß trotz der überwiegend ruhigen Erzählweise nie, was als Nächstes geschieht. Es liegt immer eine gewisse Spannung in der Luft, man rechnet immer damit, dass etwas Unvorhersehbares passieren kann.“ (Christian Theede)
Als Intermezzi anderer Art fungieren die Szenen, in denen Tiere eine Hauptrolle spielen. Das wirkt nie so, als wolle man sich beim tierliebenden deutschen Fernsehzuschauer anbiedern, sondern diese Momente sind ein Stück weit dazu da, die Figuren zu charakterisieren. Wenn Jule zum Beispiel den Metalldetektor sofort für einen in eine Falle getappten Hasen stehen lässt, dann weiß man als Zuschauer: Tiere sind ihr Gold. Eine ähnliche Funktion übernehmen häufig auch die Landschaftsaufnahmen. Neben der grundentspannten norddeutschen Atmosphäre, die sie erzeugen, besitzen sie indirekt auch immer einen Bezug zur Geschichte: Hauke Jacobs alias Hauke Witt hat diese Gegend und ihre Menschen, liebgewonnen, sodass der LKA-Beamte, der hier vier Jahre Zeugenschutz genossen hat, nun in Schwanitz bleiben möchte – als Veterinär mit gelegentlichen inoffiziellen Einsätzen als polizeilicher Berater. Wie wohl er sich hier fühlt, markiert der Einstieg von „Gold!“. Dieser Mann mag die Ruhe am Meer, und so schippert er allein mit seinem Hund Holly die Küste entlang. Jacobs mag aber auch die beiden rothaarigen Frauen, Jule, die gute Seele der Praxis, und Lona, die Polizistin, die ihn nicht nur kriminalistisch gern zu Rate zieht. Die latente Erotik dieses Dreiecks wird mal mehr, mal weniger ausgespielt. Im Film von Christian Theede („Till Eulenspiegel“), der hier 2017 nach 14 Langfilmen seinen ersten (Beinahe-)Ermittlerkrimi drehte, steht das zwischenmenschliche Moment deutlich „mehr“ im Fokus: Jacobs, der endlich vor Gericht gegen den Clan-Chef, auf den er einst angesetzt war, ausgesagt hat, wirkt wie befreit. So offen hat er in den sechs Episoden zuvor noch nie geflirtet. Und dann lädt er beide Frauen, nachdem ihn Lona wegen seiner Verschwiegenheit ungewohnt emotional angegangen ist, zum Essen auf sein Boot – und schenkt ihnen reinen Wein ein. Er erzählt von seiner falschen Identität, die allerdings mittlerweile zu seiner echten geworden ist. Schwanitz ist seine neue Heimat. Und die zwei Grazien strahlen um die Wette. Welche ihn kriegt, bleibt aber weiterhin offen.