Nachtschicht – Vatertag

Rohde, Duken, Möhring, Kling, Gerat, Prahl: Genre-Kunststück mit Realismus-Siegel

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Foto Rainer Tittelbach

Hamburger Nächte sind lang. Beim zweiten Einsatz der ZDF-“Nachtschicht” gerät das hoch motivierte Quartett zwischen die emotionalen Fronten extremer Familienbande und muss sich mit einem flüchtigen Psychiatrie-Patienten herumschlagen. Lars Becker auf den Spuren von „24“. Keiner beherrscht es hierzulande so gut wie Becker, Alltag und Genre-Künstlichkeit zu einem stimmigen Ganzen zu verschmelzen. Amerikanisch und zugleich sehr deutsch.

Hamburger Nächte sind lang. Der Kriminaldauerdienst kann ein Lied davon singen. Beim zweiten Einsatz der ZDF-“Nachtschicht” gerät das hoch motivierte Quartett zwischen die emotionalen Fronten extremer Familienbande. “Vatertag” ist wie bereits das Grimme-Preis-nominierte Spannungs-Highlight “Amok”, das 5,75 Millionen Zuschauer lockte und für ZDF-Verhältnisse besonders vielen jungen Zuschauern gefiel, ein bewegendes Genre-Stück mit Realismus-Siegel. Lars Becker und sein mit Katharina Böhm, Armin Rohde, Ken Duken und Minh-Khai Phan-Thi prominent besetztes Polizeirevier sorgen für Gefühlslagen und Look, wie man sie bei uns sonst nur im Kino zu sehen bekommt.

Im Stile der Kultserie “24” ereignet sich alles in einer Nacht. Ein mazedonischer Gangster ist nach fünf Jahren Haft wieder auf freiem Fuß und sorgt sofort für reichlich Aufregung: von einem Striplokal-Besitzer will er Geld, von seiner Ex-Frau seinen zehnjährigen Sohn. Doch den hat sie vor Jahren schon zur Adoption freigegeben. Mit der Schusswaffe holt er sich die Adresse der neuen Eltern, dann das Kind. Die Fahndung erweist sich in der Folge als nicht einfach, schließlich ist der Adoptivvater auch Polizist – und der, Chef im Bereich innere Ermittlung, hat Hauptkommissar Erich Bo Erichsen wegen diverser Vergehen auf dem Kieker.

Der Grundkonflikt scheint deutlich durch diese düstere “Vaternacht”. Alles im Leben und in diesen 15 Stunden ist eine Frage der Perspektive und der seelischen Beteiligung. Lars Becker schlägt den Krimi aber nicht mit der moralischen Keule tot. Im Fluss der Handlung, die die Gleichzeitigkeit und Vielfalt des Lebens imitiert, verwischen sich dramaturgische Kniffe leichter als in klassisch erzählten TV-Dramen. Kaum einer beherrscht es in Deutschland so gut wie der ostfriesische Wahlhamburger, Lebensalltag und Genre-Künstlichkeit zu einem stimmigen Ganzen zu verschmelzen. Das wirkt amerikanisch und ist zugleich doch sehr deutsch.

Vor allem aber ist “Vatertag” ein hervorragender Ensemblefilm. Grimme-Preisträger Rohde gibt dem Laden Dynamik, die Böhm Herz und Verstand, die Jugend macht den Harry. Auch sonst nur markante Gesichter und große Mimen: Christian Redl, Wotan Wilke Möhring, Anja Kling, Jasmin Gerat oder Axel Prahl in einer kultverdächtigen Performance als flüchtiger Psychiatrie-Patient – bei Becker, weil er nicht strikt nach Rollenimage besetzt, macht Wiedersehen Freude. Das ist auch die Parole für “Nachtschicht”. (Text-Stand: 22.3.2004)

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Reihe

ZDF

Mit Armin Rohde, Katharina Böhm, Ken Duken, Christian Redl, Wotan Wilke Möhring, Minh-Khai Phan-Thi, Anja Kling, Ercan Durmaz, Jasmin Gerat, Axel Prahl, Alexandra Neldel

Kamera: Wedigo von Schultzendorff

Schnitt: Oliver Gieth

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Lars Becker

Regie: Lars Becker

Quote: Wh. (2005): 4,61 Mio. Zuschauer (14,4% MA)

EA: 22.03.2004 20:15 Uhr | ZDF

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