Manche Mutter wird verständnisvoll nicken: Da hat man sich ein Leben lang aufgeopfert, und keiner dankt es einem. Zunächst scheint Autorin Rodica Döhnert in der Tat eine der üblichen Geschichten für die typische Zuschauerin der ARD-Freitagsfilme zu erzählen: Ruth, alleinerziehende Mutter (Thekla Carola Wied), hat ihr Dasein gänzlich dem Wohlergehen von Tochter Lea (Chiara Schoras) untergeordnet. Die aber wirft sich einem Nichtsnutz (Matthias Koeberlin) an den Hals, schmeißt ihr BWL-Studium und will sich ganz der Kunst hingeben. Als Lea dann auch noch Symptome einer Multiple-Sklerose-Erkrankung zeigt und reumütig zu Muttern heimkehrt, ist das Rührstück perfekt. Doch beinahe beiläufig ändert sich der Tonfall des Films: Erst wird die Übermutter Stück für Stück demontiert, bis sich ihre Liebe als erdrückend erweist; und dann mehren sich die Hinweise, dass Leas vermeintliche MS-Symptome womöglich auf eine Vergiftung am Arbeitsplatz zurückzuführen sind.
Natürlich gehört zum Freitagstermin auch eine Liebesgeschichte. Den männlichen Part in den Produktionen von ARD-Tochter Degeto übernimmt mittlerweile recht häufig Michael Mendl, dessen knorrigem Altherren-Charme die Damen nie lange widerstehen können. Auch Ruth erliegt ihm in „Meine Tochter, mein Leben, nicht ahnend, dass der Anwalt auf der anderen Seite steht: Er vertritt jene Firma, deren Marketing-Abteilung Ruth leitet und in deren Druckerei Lea aushilfsweise gearbeitet hat. Selbstredend konzentriert sich der Film von Bodo Fürneisen auch weiterhin auf Ruth, doch die Dramaturgie ist durchaus pikant: Während man Leas Vorhaltungen anfangs noch aus Ruths Warte bewertet, weshalb sie als typisch jugendlicher Undank erscheinen, verschiebt sich die Perspektive unmerklich, bis schließlich deutlich wird, dass die Mutter ihre Tochter nie zur Entfaltung kommen ließ. Die Erkrankung bringt es an den Tag, lässt den Film aber auch moderat zum Öko-Krimi mit „Erin Brockovich“-Elementen werden: Gegen den Willen ihres Chefs geht Ruth dem Giftskandal in der eigenen Firma nach, was sie prompt den Job kostet. Gemessen am üblichen Freitags-Einerlei ist „Meine Tochter, mein Leben“ ein überraschend differenzierter Film.