Eine Katastrophe kommt selten allein. Weil durch ein Versehen bei der neuen Ausgabe eines einflussreichen Gourmetsführers die hippe „Kupferkanne“ in Köln ihren Stern verloren und das Eifeler Landlokal gleichen Namens für seine regionale Küche einen Stern bekommen hat, sind die Besitzer der beiden Lokalitäten außer sich: Wirtin Toni (Diana Amft) steht nicht der Sinn danach, sich für die Snobs aus der Stadt in der Küche die Füße platt zu stehen, während der Sterne-Koch Rufus (Stephan Luca) durch die Verwechslung massiv seine Existenz gefährdet sieht. Sein Restaurant ist plötzlich nicht mehr angesagt, während auf dem Land das Geschäft brummt. Mutter Adelheid (Margarita Broich) freut sich über den Geldsegen, endlich, lang genug musste die „Weiberwirtschaft“ ums Überleben kämpfen, jedoch ihre Tochter Toni ist sich bald mit Rufus – obwohl ihr dieser vermeintlich arrogante Schnösel anfangsreichlich unsympathisch ist – überraschend einig im Kampf gegen Verlag und falsches Image. Und dann hat Journalistin Sunny (Arijana Antunovic), die gern mehr wäre als Rufus‘ PR-Beraterin, eine nicht ganz uneigennützige Idee. Wie wäre es, wenn beide in der TV-Kochshow „Topf und Pfanne“ kulinarisch gegeneinander antreten würden? So könnten sie die Verwechslung richtigstellen, jeder könnte für sein Lokal werben und seine Stammkundschaft ansprechen. Klingt auch für Toni einigermaßen überzeugend, doch dass es sich bei Sendung, um ein Duell-Format handelt, das hat der gute Rufus seiner – mittlerweile – Herzdame unterschlagen.
Nicht nur in der neuen ARD-Hauptabendserie „Falk“ geht die Liebe durch den Magen, auch „Meine Mutter ist unmöglich“ spielt (gelegentlich) mit dieser simplen Redensart. Außerdem schallt einem in der Eifler Gaststube gleich zu Beginn dieser kreuzbraven TV-Komödie eine 70er-Jahre-Schlagerweisheit entgegen: „Man muss das Leben eben nehmen, wie das Leben eben ist“, Auch das ist kein Zufall. Bodenständig, ehrlich und kein Blatt vor den Mund nehmen, so funktioniert nämlich diese Mutter-Tochter-Beziehung. Das ist durchaus launig, bleibt aber im kleinkarierten Rahmen stecken, entwickelt zwischen liebevoller Darstellung, leichter Karikatur und moderatem Fremdschämen keine Haltung zu dem speziellen Ambiente – schließlich will der Film seine Heldinnen ja nicht beschädigen. Und so hat Autor Christian Pfannenschmidt die Authentizität der Frauen betont, lässt sie sich gelegentlich in Gesprächen zurückerinnern (Toni hat sich dieses Leben nicht ausgesucht, sie könnte sich etwas Besseres vorstellen), während Diana Amft und Margarita Broich, glaubwürdig als Mutter und Tochter, ihren Teil dazu beitragen, dass die ausgedachte Story eine sympathische Bodenhaftung bekommt und dass auch die Zuschauer, denen diese deutsche Provinz(un)kultur bestenfalls nicht viel sagt, ein klein wenig Interesse aufbringen dafür, wie hier wohl der Drehbuchautor das überstrapazierte Komödien-Muster bedienen und gegebenenfalls variieren wird.
Foto: Degeto / Martin Rottenkolber
Während andere ARD-Degeto-Komödien oder -Dramödien stärker am Alltag der Charaktere („Opa wird Papa“) interessiert sind und gelegentlich auch Gesellschaftliches („Hotel Heidelberg“) oder Wertespezifisches („Billy Kuckuck“) in diese Unterhaltungsproduktionen einfließen, so ist in „Meine Mutter ist unmöglich“ allein Privates von Belang, und dramaturgisch dominieren hier die hinlänglich bekannten Patterns. Bis zur Halbzeit kann zumindest die Frau den Mann nicht riechen, dann schmeckt nach einer Einladung in den Kölner Gourmettempel das Essen offenbar so vorzüglich, dass sich eben jene Redensart bestätigt und sich die Heldin Hals über Kopf in den Mann aus der Großstadt verliebt, derweil dieser plötzlich seine Vorbehalte gegenüber dem Landleben überdenkt. Danach muss ein künstliches Problem her, damit Pfannenschmidt auch noch die 35 Minuten bis zum Happy-End rumkriegt. Würde die Geschichte an ihrer Oberfläche – über die mehr als passablen Schauspielerleistungen hinaus – besser funktionieren, wäre der stereotype Handlungsverlauf selbstredend kein Problem. Aber die Hauptstory enthält kaum Aufregendes, und die Nebenplots sind wenig originell (Tonis Tunichtgut-Ex) oder nur gut für eine einzige abwechslungsreiche Szene (die erotische Affinität zwischen Tonis Mutter und Rufus‘ Restaurant-Chef). Der Film hängt unentschieden zwischen Komödie, Dramödie und Romanze. Das verhandelte Problem ist zu banal, als dass daraus eine stimmige Dramödie werden könnte. Am klügsten wäre es wohl gewesen, wenn man aus diesem Stoff eine flotte Komödie gemacht hätte; so hätte das gute Quartett mit Tempo über die „Nutzlosigkeit“ der Geschichte lustvoll hinwegspielen können. Doch für dieses Genre fehlt es in der Ausführung an Witz, Esprit und vor allem an einer Komödien-Dramaturgie. Stattdessen versprechen sich Autor Pfannenschmidt und Regisseur Jurij Neumann Hilfe von der Romanze. In der 44. Minute wird das halbherzige Kriegsbeil der Hauptfiguren begraben, und wenig später gibt es den ersten Kuss. Der kann mit den vergleichbaren Szenen aus dem ZDF-„Herzkino“ voll und ganz mithalten (was nicht als Kompliment gemeint ist): das Paar, dahin gesunken auf einer saftigen Eifelwiese, ein Pferd im Hintergrund, und anschließend ziehen Wildgänse über den Himmel…
„Unterhaltungswert war Bombe“, meint der Moderator nach der Aufzeichnung der Kochduell-Sendung, in der sich die Heldin bis auf die Knochen blamiert. Das Kompliment lässt sich an „Meine Mutter ist unmöglich“ nicht zurückgeben. Denn auch filmisch ist dieser Genre-Mix ziemlich konventionell: Bestenfalls als deutsche Hausmannskost geht das durch, was einem da der Regisseur und seine Gewerke präsentieren. So wurden die nichtssagenden Nebenfiguren auch entsprechend schwach besetzt. Bildgestaltung und Schnitt sind allerdings recht passabel; der Haupthemmschuh für einen guten Erzählfluss ist das Erzählte selbst. Und dass die Musik stets die Richtung der Gefühle, die der Zuschauer zu haben hat, vorgeben muss, das hat man lange nicht mehr in einem Fernsehfilm am Freitag so penetrant vorgeführt bekommen. Mitunter hebt der Score unangemessen in pathetische Höhen ab („Wir holen uns unseren Stern zurück“), noch häufiger säuselt es gefühlig zu den wenig eleganten „Weißt-du-noch-damals“-Dialogen, die dem Zuschauer die Backstory von Mutter und Tochter präsentieren. Und als das Vertrauen der Heldin zu ihrem Gourmetkoch dahin ist, wird auch das musikalisch kräftig bestätigt. Die narrative Lösung für das ungleiche Paar ist dann allerdings am Ende hübsch ausgedacht. Ein kreativer Beziehungskompromiss quasi. Eines aber deutet sich schon früh an: Jeder der zwei Töpfe bekommt den passenden Deckel. (Text-Stand: 30.4.2018)