Mantrailer – Spuren des Verbrechens

Forestieri, Weidenhöfer, Rohde, Dierbach. Eine Bombe für jede Gelegenheit

Foto: RTL / Hardy Spitz
Foto Rainer Tittelbach

Mit besonderer Schnüffeltechnik auf Mörderjagd geht RTL mit einem neuen Serien-Piloten. Ob „Mantrailer – Spuren des Verbrechens“ allerdings Serienreife erlangen wird, ist fraglich. Denn längst hat RTL den guten Riecher für Fiktion verloren. Als 90-Minüter ist dieser B-Picture-Krimi-Trash mit seinen rührseligen Lassie-Effekten – im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Genre-Angebot – indiskutabel, als Serie ist das Setting zumindest vorstellbar.

Eine Gerichtsmedizinerin im Außendienst. Weil der Chef der Mordkommission auf ihren Spürhund Finn große Hoffnungen setzt im Kampf gegen seinen Erzrivalen, den Berliner „Paten“ Viktor Dohn, steckt Nicole Rebenbeck bald mittendrin in einer Serie perfider Bombenanschläge. Jemand beabsichtigt, die Berliner SEK systematisch zu dezimieren. Schlüsselereignis ist ein SEK-Einsatz in einem Parkhaus, bei dem vor einem Jahr Dohns Sohn und eine unbeteiligte Passantin ums Leben kamen. Während Kripo-Chef Kracht sich weiter in Dohn als Täter verbeißt, kommen Finn & Co dem Vater der jungen Frau auf die Spur. Aber ein kleiner Finanzbeamter als Racheengel? Dohn bleibt also Hauptverdächtiger, und Kracht schreckt kurz vor seiner Pensionierung nicht davor zurück, falsche Beweise auszulegen, um seinen Lieblingsfeind zu „überführen“. Derweil detonieren weitere Sprengsätze. Und immer finden sich Hundehaare an den Leichen. Nicole Rebenbeck geht einem Verdacht nach und befindet sich wenig später mit ihrem Langhaarweimaraner in der Gewalt des Mörders.

Was ist Mantrailing?
Eine Technik der Verbrechensbekämpfung, die in den USA entwickelt wurde. Hunde haben 23 Mal mehr Riechzellen als der Mensch und können mithilfe einer bestimmten Schnüffeltechnik minimale Nuancen eines Geruchs unterscheiden. Ein Mantrailer sucht nach dem Individualgeruch eines Menschen, den er anhand einer Vergleichsprobe aufnimmt & weiterverfolgt. Der Individualgeruch ist vergleichbar mit einem Fingerabdruck. Jeder Mensch hat einen eigenen spezifischen Geruch.

„Mantrailer – Spuren des Verbrechens“ klingt ambitionierter, als dieser 90minütige Serienpilot tatsächlich ist. Wie Mantrailing funktioniert, wird zwar im Film immer wieder ansatzweise erklärt, doch besonders konsequent wird die Idee nicht in Aktionen umgesetzt. Nur selten jagt der Heldin treuster Freund durch die Hauptstadt. Der Grund: Filmischer Bewegungsdrang dieser Art ist, wenn er gut gemacht sein will, kostspielig. Da lässt man lieber in stupider Regelmäßigkeit eine Bombe hochgehen. Mit Explosionen wird die Handlung auf Kurs gebracht und der RTL-Zuschauer bei der Stange gehalten. Doch es will kein Erzählfluss aufkommen. Die Story ist übersichtlich, die Beziehungen sind schlicht – für Durcheinander sorgen allenfalls die dramaturgischen Schwächen. Nicht einmal Genre-Psychologie kommt zum Tragen; handlungstreibend sind allein Rache- und Vergeltungsgedanken. Wenn es nicht knallt, wird in einem fort geredet. Notfalls muss Vierbeiner Finn herhalten als Adressat der sprachlichen Ergüsse seines Frauchens. Liane Forestieri macht eine recht gute Figur; zumindest ist sie keine dieser nicht unterscheidbaren Serien-Blondinen, auf die RTL oder Sat 1 vornehmlich setzen. Die drei namhaften Schauspieler des Pilotfilms wären in der Serie wohl nicht mehr dabei: Armin Rohde, Dirk Borchardt und Jean-Yves Berteloot. Bleiben würden neben Forestieri sicherlich Matthias Weidenhöfer und Daniel Aichinger als Kommissare.

Mantrailer – Spuren des VerbrechensFoto: RTL / Hardy Spitz
Wer gewinnt die Schönheitskonkurrenz in „Mantrailer“? Finn oder Frauchen (Liane Forestieri)? Eher eine rhetorische Frage.

Eine beliebige Dialogauswahl:
„Ich krieg dich – und wenn es das Letzte ist, was ich mache.“ / „Mach mal halblang – damit hab ich nicht’s am Hut.“ / „Scheiße, wer schießt denn da?!“
„Der geht auf dein Konto“ / „Damit kommst du nicht durch.“

In Serie könnte man sich das Team und vor allem die Idee mit der kriminalistischen Schnüffeltechnik durchaus vorstellen. In Spielfilmlänge hingegen ist solcher B-Picture-Trash mit seinen rührseligen Lassie-Effekten – trotz der soliden Regie von Alexander Dierbach („Polizeiruf 110: Fischerkrieg“) – schwer zu ertragen. In den TV-Movies von RTL hat es schon immer mehr geknallt als in den 90minütigen Krimis von ARD und ZDF. Doch momentan ist es weniger der Hang zur aufgesetzten Action, der die Fiktion-Produktionen beider Systeme voneinander unterscheidet. Dramaturgisch und handwerklich liegen Welten zwischen dem, was beispielsweise das ZDF mit Serien wie „Die Chefin“ oder „Letzte Spur Berlin“ versucht, und dem, was RTL seit „Die Draufgänger“ an den Start gebracht hat. Dass auch immer weniger hingucken, ist ein hausgemachtes Problem: RTL, mit Krimis wie „Die Sitte“, „Abschnitt 11“, „Balko“ oder „Doppelter Einsatz“ einst Seriensender Nr. 1, hat seine Zuschauer systematisch von der Fiktion entwöhnt. Dass sich das mit „Mantrailer – Spuren des Verbrechens“ ändern wird, ist kaum anzunehmen.

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Fernsehfilm

RTL

Mit Liane Forestieri, Matthias Weidenhöfer, Daniel Aichinger, Armin Rohde, Dirk Borchardt, Peter Benedict, Jean-Yves Berteloot, Aleksandar Jovanovich, Tilo Nest

Kamera: Markus Schott

Schnitt: Marco Baumhof

Musik: Sebastian Pille

Produktionsfirma: Phoenix Film

Drehbuch: Frank Wollin, Tobias Rose

Regie: Alexander Dierbach

Quote: 3,26 Mio. Zuschauer (11,3% MA)

EA: 25.04.2013 20:15 Uhr | RTL

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