Eine junge Frau steht geistesabwesend mitten auf einer Landstraße. Ellen Lucas kann gerade noch rechtzeitig bremsen. „Ich hab ihn getötet“, stammelt die Frau. Ihre Kleidung ist blutverschmiert. Sie weiß weder, wer sie ist, noch, woher sie kommt. „Keine Leiche, kein Mord“, befindet Kripochef Boris. Doch die Lucas sieht das anders. Und so findet sie sich plötzlich in Kastell wieder, einem kleinen Ort, irgendwo in der Oberpfalz. Sie bekommt heraus, dass die Frau, die noch immer schwer traumatisiert in der Regensburger Klinik liegt, Jeanette Wilson heißt und als Lehrerin in Kastell gearbeitet hat. Außerdem erfährt sie, dass der Schreiner des Dorfes seit einigen Tagen verschwunden ist. Seine Frau wird angefeindet, beschimpft – sie soll aus dem Dorf vertrieben werden. Seltsame Gepflogenheiten herrschen hier. Eine Opferstätte wird kultisch verehrt, ein falscher Priester treibt hier sein Unwesen und ein esoterischer Frauenzirkel, der als Naturzentrum für Körper, Geist und Seele sich großen Zulaufs erfreut, hat die Dorfgemeinschaft fest im Griff. Noch im 18. Jahrhundert wurden hier Hexen verbrannt. Jetzt muss Kommissarin Lucas in das eine oder andere Gesicht der Furcht schauen, bevor sie dem Geheimnis der letzten Kasteller Sonnwendfeier auf die Spur kommt.
Vor einem halben Jahr war es Tukurs „Tatort“-Kommissar mit dem Tumor im Kopf, der schlimme Erfahrungen in einem deutschen Horrordorf machte. Weitaus weniger surreal und schräg lässt nun Tim Trageser die ZDF-Kommissarin unvorbereitet ins mythengeschwängerte Messer laufen. Und genau das ist das Problem der „Sieben Gesichter der Furcht“. Wie soll eine Psycho-Mixtur aus Mythenzauber und Krimi(reihen)realismus überhaupt funktionieren? Die dramaturgischen Parameter dieser Genres sind einfach zu unterschiedlich. Einen Versuch ist es dennoch wert. Aber auch im Detail ist die Geschichte zu ungenau. Um das Ganze filmisch zu retten, kommt der Regisseur Trageser dem Drehbuchautor Trageser mit allerlei Effekten zu Hilfe. So ist der Film letztlich nicht unspannend, aber das Bedrohungsszenario bleibt insgesamt doch beliebig und zu unentschlossen – sowohl in seiner filmischen Umsetzung als auch in seiner Bedrohlichkeit. Das Motiv der extrem kontrollierten Kommissarin, die in diesem, ihrem 16. Fall extrem außer Kontrolle gerät, oder auch das der Ohnmacht der Staatsmacht wird nicht ausgespielt. Die Titel gebenden „sieben Gesichter der Furcht“ werden kurz aufgezählt, für die Geschichte aber sind diese Ängste nur eine Fußnote.
In diesem mythologisch angehauchten, letztlich aber mutlosen Mystery-Krimi bleibt das Genre ein leeres Versprechen. Vieles schwankt zwischen merkwürdig und prätentiös. Und manchmal wird es schlichtweg peinlich: Einen psychisch schwer gestörten Menschen während eines traumatischen Schubs zu zeigen, schon allein so etwas ist kaum darstellbar. Eine nicht peinliche Situation herstellen zu wollen, in der eine Kommissarin Marke gesunder Menschenverstand mit einer vermeintlich schizophrenen „Zeugin“ zu kommunizieren versucht, das zeugt von großer Naivität. Fazit: ein ehrenwerter Versuch, grandios gescheitert!