Der Auftakt vor zwei Wochen, „Kommissar Süden und das Geheimnis der Königin“, war ein idealer Einstieg für den „Menschenversteher“ von der Vermisstenstelle der Kripo München. Im zweiten Film der „Kommissar Süden“-Reihe entzaubert nun Dominik Graf den Mythos von der „Weltstadt mit Herz“. Sein Film entfaltet ein breites Panorama, lebt vom Rhythmus einer Stadt, der er am Schneidetisch einen neuen Rhythmus schenkt. Er erzählt von einem Lebensverweigerer, einer Frau, die den Tsunami 2005 nutzte, um ihre Identität zu wechseln, und einem, der öffentlich Luftgitarre spielt. München ist bei Graf und Autor Friedrich Ani eine Stadt kurz vor dem Delirium. Kollege Heuers Alkoholproblem zieht sich wie eine Metapher durch den Film. Die Reihe um „Süden“ scheint das zu werden, was früher „Sperling“ war. Unaufgeregte Psychogramme, Krisen- und Milieugeschichten, keine 08/15-Dramaturgie, dafür umso mehr (filmische) Atmosphäre und einer, der zuhören kann, der still mit leidet, ohne penetrant den guten Menschen geben zu müssen. Ulrich Noethen, Martin Feifel und Jeanette Hain bilden ein traumhaftes Trio.
Für den Film gab es 2010 sieben Grimme-Preise. Zu den großartigen Charakteren hieß es in der Jury-Begründung:
„Jede dieser so reich gezeichneten Figuren ist einbezogen in das dicht geknüpfte Beziehungsgeflecht, das gerade mit solch kleinen Interaktionen in Spannung gehalten wird. Ein Vergnügen ist auch, wie die Musik des Komponisten Dieter Schleip zurückhaltend und trotzdem zeichenhaft den Lauf der Dinge kommentiert und jazzig-frisch sich zu den beschleunigten Bildern des Kameramanns Alexander Fischerkoesen vom nächtlich bewegten München zu einer Großstadtsymphonie steigert. Die kleinen Schicksale erscheinen in dieser Kulisse ganz groß und werden dadurch – was für ein schöner Widerspruch – menschlich berührend.“