Kommissar Dupin – Bretonische Idylle

Pasquale Aleardi, Jan Georg Schütte, Lindow, Vollmar, Rattenni. Der Duft der Frauen

Foto: Degeto / Wolfgang Ennenbach
Foto Tilmann P. Gangloff

„Kommissar Dupin” feiert Jubiläum: „Bretonische Idylle” (Degeto / filmpool) ist der zehnte Film der Reihe, die auf den Bretagne-Romanen von Jean-Luc Bannelec basiert; allerdings gab es schon deutlich bessere. Land und Leute spielen in den Büchern traditionell eine große Rolle, doch diesmal erfreut sich auch die Adaption allzu sehr an der zerklüfteten Inselküste der Belle-Île-en-Mer, auf der die Geschichte spielt. Reizvoller und vor allem vergnüglicher als die darstellerisch nicht rundum überzeugende Krimi-Ebene sind die Kabbeleien zwischen Dupin und seinem Mitarbeiter Kadeg, weil beide unter unterschiedlichen Voraussetzungen in diesen Fall gehen; Pasquale Aleardi und Jan Georg Schütte sorgen dafür, dass der Film nicht unter den Reihenschnitt fällt. Und dann ist da noch der Regen aus heiterem Himmel…

Wenn der Fall gelöst ist, der Film aber noch eine halbe Stunde dauert, dann ahnt selbst der kriminalistisch nicht ganz so versierte Teil des Publikums: Da kommt noch was. Der vermeintliche Täter hat sich zudem auf eine für TV-Krimis allzu typische Weise auffällig verhalten. Es ist ja ohnehin ein beliebtes Krimiversatzstück, dass alle überzeugt sind, der Mordfall sei geklärt; bis auf die Kommissarin oder den Kommissar. Georges Dupin (Pasquale Aleardi) beweist seinen guten Riecher im zehnten Fall auch in anderer Hinsicht: Im Bett des männlichen Mordopfers hat er ein Damenparfum erschnuppert, was zu der witzigen Szene führt, dass er seinen Mitarbeiter Kadeg (Jan Georg Schütte) telefonisch auffordert, an einer Verdächtigen zu schnüffeln. Dieser Einfall ist neben dem regelmäßig aus buchstäblich heiterem Himmel einsetzenden Regen das einzig wirklich originelle Detail des Drehbuchs von Eckhard Vollmar, der damit zum fünften Mal in Folge einen Bretagne-Roman von Jean-Luc Bannalec adaptiert hat. Eine weitere inhaltliche Besonderheit ist die Dünnhäutigkeit der Hauptfigur: Dupins Freundin Claire (Christina Hecke) hat einen Forschungsauftrag in Kanada bekommen und ist der Meinung, eine Auszeit wäre nicht schlecht, weil dem Polizisten die Arbeit doch stets wichtiger sei als die Beziehung. Kein Wunder, dass der frisch verliebte und entsprechend aufgekratzte Kadeg dem Chef mit seiner guten Laune auf die Nerven geht.

Kommissar Dupin – Bretonische IdylleFoto: Degeto / Wolfgang Ennenbach
Ja, der Geruchssinn spielt in der Jubiläumsepisode von „Kommissar Dupin“ eine Rolle. Ansonsten reißen es diesmal die Kabbeleien zwischen Dupin und Mitarbeiter Kadeg sowie das Zusammenspiel von Pasquale Aleardi und Jan Georg Schütte heraus.

Im Grunde sind die kleinen Kabbeleien zwischen dem Ermittlerduo, dessen anfängliche gegenseitige Abneigung mittlerweile einem beinahe freundschaftlichen Respekt gewichen ist, sogar interessanter als der Fall, der aber immerhin für einen reizvollen Schauplatz sorgt: Eine Wasserleiche entpuppt sich als Schafzüchter von der Belle-Île-en-Mer. Das größte bretonische Eiland macht seinem Namen (die schöne Insel im Meer) in der Tat alle Ehre, was auch den Titel erklärt. Nachdem Dupin und Kadeg erste Einblicke ins Inselmilieu bekommen haben, glaubt der Kommissar an ein persönliches Motiv, während der Inspektor der Spur des Geldes gefolgt ist. Letztlich spielen die Beweggründe des Täters jedoch keine Rolle, denn es wäre in beiden Fällen der gleiche: Mordopfer Provost war ein Einzelgänger, der am Unfalltod seiner Tochter zerbrochen ist. Als ihn dann auch noch seine Frau verlassen hat, ist er offenbar endgültig zum Misanthropen geworden; deshalb hat er sich auch lange dagegen gewehrt, dass auf seinem Grundstück an der Spitze der Insel Windräder errichtet werden. Kurz vor seinem Tod hat er dann doch in einen Verkauf des Landes eingewilligt. Deshalb glaubt Kadeg, dass Nachbar Fidelin den Mann auf dem Gewissen hat: weil das Wasser für den berühmten Whisky der Fidelins aus einer Quelle auf dem Grundstück von Provost stammt; ein Windpark wäre das Ende der Destillerie. Dupin ist dagegen zunächst überzeugt, dass Byn Fidelin (Martin Lindow) Provost erwürgt hat, weil der eine Affäre mit Gattin Margot (Elzemarieke de Vos) hatte. Die Indizienlage ist eindeutig, Parfum inklusive; aber das alles passt viel zu gut zusammen.

Trotz der Wende, die die Handlung im letzten Drittel nimmt: Es hat schon weitaus verzwicktere Bretagne-Krimis gegeben. Vielleicht lassen sich mit dieser Erkenntnis auch die ausgiebigen Drohnenbilder erklären. Land und Leute sind in Bannelecs Romanen zwar mindestens genauso wichtig wie die Ermittlungen, aber bei den Verfilmungen lag der Schwerpunkt stets auf der Mördersuche. Diesmal jedoch gibt es mindestens genauso viele Kameraflüge über die zerklüftete Küste wie in den „Rosamunde Pilcher“-Filmen des ZDF. Dazu passt auch das Freizeitcabrio, das Kadeg für die Inseltouren gemietet hat; Dupins Begeisterung für das zweifelhafte Gefährt fällt eher sparsam aus. Regie führte Janis Rebecca Rattenni, die zuletzt ebenfalls im Auftrag der ARD-Tochter Degeto mit dem „Flensburg-Krimi“ (2021) den Auftakt zu einer möglichen neuen Reihe gedreht hat. Ihr Fernsehfilmdebüt nach diversen Serienfolgen zeichnete sich durch die gute Arbeit mit dem Ensemble aus. In dieser Hinsicht hat ihr Bretagne-Krimi allerdings einige unübersehbare Schwächen; die männlichen Episodengäste sind gerade in den dramatischen Szenen nicht immer überzeugend. Umso größer ist das Vergnügen, dem Doppel Aleardi/Schütte zuzuschauen, diesmal ergänzt um Gisa Flake als Vertreterin der Kollegin Nolwenn. (Text-Stand: 27.3.2022)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Pasquale Aleardi, Jan Georg Schütte, Martin Lindow, Aurel Manthei, Anna Grisebach, Elzemarieke de Vos, Katja Danowski, Christina Hecke, Gisa Flake

Kamera: Victor Voß

Szenenbild: Heike Wolf-Aury

Kostüm: Renate Schönian

Schnitt: Steffen Pohl

Musik: Fabian Römer, Steffen Kaltschmid.

Soundtrack: Trent Reznor & Atticus Ross („Life On Mars?“)

Redaktion: Katja Kirchen, Christoph Pellander

Produktionsfirma: filmpool fiction

Produktion: Mathias Lösel, Iris Kiefer

Drehbuch: Eckhard Vollmar – Vorlage: Jean-Luc Bannelec (Roman)

Regie: Janis Rebecca Rattenni

Quote: 5,73 Mio. Zuschauer (21,8% MA)

EA: 12.04.2022 10:00 Uhr | ARD-Mediathek

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