Schottland, ein Tag vor Heiligabend. Noch ist die Insel grün. Im Forschungslabor von Stanley Oxenford herrscht Aufregung. Eine Dosis des Antivirus gegen das tödliche Madoba-2-Virus fehlt, außerdem wurde ein infiziertes Kaninchen aus dem Hochsicherheitslabor geschmuggelt. Ein tierliebender Mitarbeiter wollte das Tier befreien, um es mit dem Antivirus zu retten, nicht wissend, dass das Gegenmittel noch nicht wirksam ist. Auf einem Video dokumentiert der Mann den eigenen Verfall. Vermutlich ist er von dem Kaninchen gebissen worden. Vielleicht schätzen Laborinhaber Oxenford und seine Sicherheitschefin die Situation auch falsch ein.
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Denn es droht ein zweiter Schlag gegen das Institut. Oxenfords spielsüchtiger Sohn lässt sich auf einen gefährlichen Handel mit einem skrupellosen Gläubiger ein: mit dem Diebstahl des Antivirus’ kann er seine Spielschulden von einer Viertelmillion Pfund abtragen. Doch der junge Mann unterschätzt die Kaltblütigkeit seiner „Kollegen“, mit denen er den Coup durchzieht. Als ein Blizzard das Land mit einer Schneedecke überzieht und die Gangster nicht wegkommen, bleibt ihnen nur das ländliche Anwesen der Oxenfords. Dort will die Großfamilie gemeinsam Weihnachten feiern. Doch wie sagte schon Ober-Bösewicht Nigel beim Einbruch ins Institut: „Schlechte Nachrichten, Weihnachten fällt aus.“
„Ich wollte einerseits eine altmodische Geschichte erzählen über eine Gruppe von Leuten, die eingeschneit in einem Haus von Eindringlingen terrorisiert werden“, sagt Bestseller-Autor Ken Follett im ZDF-Interview. „Und andererseits wollte ich über ein sehr zeitgemäßes Thema schreiben: gefährliche Viren.“ Wie sein Roman „Eisfieber“ verbindet auch die zweiteilige TV-Adaption diese beiden Themen im typischen handlungsstarken Stil des angloamerikanischen Erzählens. Der etwas komplexer als gewohnt strukturierte Follett-Roman gilt eher als einer seiner weniger spannenden Bücher. Der Film von Peter Keglevic hat dieses Problem nur in der überlangen Exposition. Es dauert über 45 Minuten, bis die Schauplätze gesetzt, alle Figuren eingeführt und der Vater-Sohn-Konflikt als Mutter der Handlung erkennbar wird. Nach einer Stunde kommt Bewegung in die Geschichte, die nun immer klarer einer finalen Konfrontation entgegensteuert. Jetzt ist der Zuschauer nicht nur dabei, sondern mittendrin in der Geschichte, die im zweiten Teil als ein klassisches Familienbedrohungsszenario in Kammerspielform entwickelt wird. „Eisfieber“ wird dann zur modernen Variation des Bogart-Klassikers „An einem Tag wie jeder andere“ mit ein paar familienkritischen Anleihen bei Ang Lees filmischer Therapiesitzung „Schneesturm“.
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Wie bei Follett sind auch in der ZDF-Verfilmung die Themen allein Mittel zum Zweck, um die Geschichte möglichst spannend zu erzählen. Dramaturgisch ist die Story effektiv gebaut, auch erzählpsychologisch konnten die Drehbuchautoren nicht viel falsch machen. Die Dialoge sind meist knapp, gelegentlich cool ironisch („Lust, baden zu gehen“) und gehorchen in ihrer Austauschbarkeit („Schluss mit dem Quatsch, rein mit euch“) etwas zu sehr dem Diktat der internationalen Vermarktung („Was für ein beschissenes Fiasko“). Und natürlich sind sie Wegmarken der Spannungsdramaturgie: „Wenn hier noch einmal einer durchdreht, wird er erschossen.“ Bei den Schauspielern überzeugen Tom Schilling als familienabtrünniger Sohn, Matthias Brandt als unberechenbarer Söldner-Gangster und Anneke Kim Sarnau als krankhafte Killermaschine Daisy. Apropos Daisy: ansonsten gibt es viel Kunstschnee, eine italienische Hauptdarstellerin, mit der man nicht richtig warm wird und ein etwas sehr bemühter romantischer C-Plot, der mehr Eis als Fieber verspricht. (Text-Stand: 25.1.2010)