Am Anfang stand der Wunsch von Jürgen Vogel, mal in einem Musikfilm mitzumachen. Auch Lars Kraume hatte so seine Ideen. Er wollte die Tour einer für den Film zusammengestellten Band dokumentarisch begleiten und daraus eine Geschichte entstehen lassen, in der sich Fiktion und Wirklichkeit ständig durchmischen. Für Vogel hieß das nicht nur: als Frontmann singen, sondern jeden Abend live in norddeutschen Clubs auftreten. Fast vier Wochen „on the road“, die Kamera bis zu 20 Stunden täglich auf das bunte Tour-Treiben gerichtet – das war für alle Beteiligten, für Film- wie Tournee-Crew, ein enormer Kraftakt. Ständig bewegte man sich zwischen Spielfilm und Dokumentation, zwischen Inszenierung und Improvisation.
„Die Spannungen, die man im Film sieht, haben wir alle selbst erlebt“, betont die weibliche Hauptdarstellerin Heike Makatsch. Die Schauspielerin, die sich längst durch historische Filme wie „Aimée und Jaguar“ oder „Margarethe Steiff“ vom Girlie-Touch emanzipiert hat, darf hier noch einmal wunderbar augenklimpernd mädchenhaft mit ihrem alten Image kokettieren. „Mir ist nicht ganz klar, wo das alles hingeht!“, sagt ihre Ellen bereits zu Beginn des Doku-Drehs. Der Zuschauer weiß bereits mehr. Dass es ein Beziehungsdrama über das emotional und erotisch verstrickte Trio werden würde, kündigt Regisseur Tobias, der den Film im Film letztlich als Mittel zur Liebesprüfung missbraucht, bereits in der ersten Szene an. Florian Lukas („Good Bye, Lenin“), eines der Gesichter des neuen deutschen Kinowunders, gibt den introvertierten Jüngling von der sprachlosen Gestalt. Lukas: „Das war ein Dreh am Rande des Wahnsinns mit einer Dynamik wie in einer Psychotherapie.“ Rockröhre Markus indes ist einer, der weiß, wo er steht. Er macht sich keine Illusionen mehr über das Leben und über die Liebe wie sein kleiner Bruder. Er, der behauptet, alle Menschen trügen nur Masken, ist der Ehrlichste. Jürgen Vogel spielt ihn rotzig und mit gewohnt großer physischer Präsenz.
Der Hamburger hatte den schwierigsten Part in „Keine Lieder über Liebe“. Denn er musste nicht nur die endlosen, improvisierten Diskussionsdialoge wie seine Kollegen überstehen oder, wie er sagt, „viele echte Momente von mir preisgeben“, er musste auch immer wieder auf die Bühne und singen. „Ich hatte große Angst, war gestresst und genervt und kam kurz vor der Tour kaum noch runter von der Toilette“, erinnert sich Vogel. Am Ende stellte er sich dem Publikum – und, unterstützt von professionellen Musikern aus den Deutschland weit bekannten Hamburger Bands Tomte und Kettcar, machte er auch gesanglich eine gute Figur. Die 200 bis 300 Konzertbesucher pro Auftritt kamen voll auf ihre Kosten. Dass hier ein Film gedreht wird, davon bekamen nur wenige Wind. Vogel: „Vor dem ersten Konzert wussten die Konzertbesucher nicht einmal, dass ich der Sänger dieser Band sein werde.“ Die Live-Atmosphäre der Auftritte – ungestellt und fast unmerklich mit Mini-Kamera gedreht – trägt maßgeblich zur großen Authentizität des Films bei. Aus 150 Stunden Material machte Lars Kraume, der sein Gespür für die realistische Filmform zuletzt in „Guten Morgen, Herr Grothe“ unter Beweis stellen konnte, knapp 100 Minuten. (Text-Stand: 20.6.2007)