1. Mai 1937. Die Zeppelin-Reederei lädt zum festlichen Diner. Anlass: die erste USA-Reise des Jahres des Luftschiffs Hindenburg. Auf dem Bankett treffen der Konstrukteur Merten Kröger und die Millionärstochter Jennifer van Zandt zum zweiten Mal aufeinander. Beim ersten Mal, ein paar Stunden zuvor, rettete die Amerikanerin dem Himmelsstürmer das Leben: Merten war mit einem wackeligen Flugobjekt in einem See gelandet und wäre beinahe ertrunken. Am nächsten Tag bereits werden sich ihre Wege abermals kreuzen. Jennifer als Ehrengast auf der Hindenburg und Merten als unter Mordverdacht stehender blinder Passagier. Mit ihnen reist ein erlauchter Kreis deutscher Staatsbürger: eine jüdische Familie, ein mit Auftrittsverbot belegter Varietékünstler, hoch dekorierte Soldaten, ein überaus reizbarer Geschäftsmann. An Bord auch zwei sehr unangenehme Zeitgenossen: der Geschäftsführer der Zeppelin-Reederei und in cognito ein Gestapo-Mann, der auf Merten angesetzt ist. Doch noch ein sehr viel unangenehmerer Reisebegleiter wurde an Bord geschmuggelt: eine Bombe!
Ein Koloss ist dieses Flugobjekt. Majestätisch wird es ins Bild gerückt. Ein Jahr lang wurde die Hindenburg im Rechner erstellt. Jener Zeppelin war ein Prestige-Objekt der Nazis. Genau so wird er auch in dem RTL-Zweiteiler „Hindenburg“ (Budget: über 10 Mio. Euro) ins Bild gerückt: zwischen Parteitag und großer Oper. Als Symbol für Hitler-Deutschland, das zugleich Spielball ist der Weltpolitik, kommt es nun auf den Flachbildschirmen in die Wohnzimmer geflogen. Das sind schon eindrucksvolle Bilder. Die Geschichte allerdings bleibt schwerfällig wie das Titel gebende Flugobjekt. Zwar beginnt der Film – die junge Zielgruppe im Blick – mit einer Szene, in der deutscher Pioniergeist, jugendlicher Leichtsinn und heutiger Rockmusik-Sound kombiniert werden, schwenkt dann aber erwartungsgemäß um in die steifen Sitten der feinen Gesellschaft, bevor es auf der Hindenburg nicht mehr ganz so gesittet zugeht. Es ist nicht das angedeutete Gesellschaftsbild der 30er Jahre, das den Zugang zum Film erschwert. Auch der Vintage-Look ist vorzüglich, Kostüm & Maske verweben außerdem den Cast aus deutschen Gesichtern und internationalen Stars zu einer eleganten Einheit.
Dramaturgisch fehlt diese Einheit. Die Liebesgeschichte ist zu schwach, bleibt behauptet, der Held hat sich andernorts zu bewähren. Aber auch als jener klassische Retter funktionieren weder die Figur Merten Kröger noch sein Darsteller Maximilian Simonischek. Eines „echten“ Helden Marke Bruce Willis, der die Aufmerksamkeit an sich reißt und auf Spannungskurs geht, hätte es nicht bedurft, wenn die anderen Geschichten stärker und vor allem stärker gebunden wären. Doch durch die Aufsplitterung in viele kleine Räume und durch zu wenige Gruppenszenen kommt es nicht zu dem „Einheitsgefühl“, das eine solche Geschichte braucht. „Titanic“ hatte immerhin den Ballsaal oder die Weite des Decks. Was bei einem Krimi wie „Mord im Orient-Express“ angehen mag, ist für einen auf emotionale Wirkung hinauslaufenden Katastrophenfilm alles andere als ideal. Dass die zeitlichen Abläufe in der Mitte des zweiten Teils nicht mehr stimmen, „die Verspätung“ zum handlungstreibenden Moment wird und drei Szenen danach bereits „die Landung“ angekündigt wird, kommt erschwerend hinzu. Videoclip- und Commercial-Experte Philipp Kadelbach („Geheimnis der Wale“) entscheidet sich, um „Hindenburg“ im Schlussteil zu retten, für Action statt Emotion. Feuerbälle schießen – die Katastrophenlust kitzelnd – durch die Flure, der Autor spielt Gott und es beginnt das zynisch voyeuristische Ratespiel: Wen wird es erwischen? Wusch, da sind schon die ersten weg und dem Nazi-Schwein verätzt es im nächsten Moment das Gesicht.