Wie die Bild gewordene Traumfrau entsteigt sie den Fluten. Doch Rosemarie ist kein übersinnliches Wesen. Sie lebt in Berlin, ist 37 und ziemlich bodenständig. Vormittags fährt sie die Post aus, und abends schläft sie mit ihrem Freund. Joe weiß das alles und nimmt doch nur eines wahr: das Bild, das ihm einst in einer einsamen Bucht auf Mallorca begegnete. Er ist fasziniert von dieser Frau, sieht nur ihre im Alltag einigermaßen verschüttete Sinnlichkeit. Und er will sie haben. Joe ist ein Spross wohlhabender Eltern, ein Wunderkind und – Joe ist 17!
„Heimliche Liebe – Der Schüler & die Postbotin“ erzählt von zwei sehr unterschiedlichen Menschen, die sich in einer kurzen Phase ihres Lebens über Leere und Einsamkeit hinweg helfen. Mehr erzählt dieses TV-Movie nicht – und das ist gut so. Der Film will einem nicht weis machen, dass die Liebe Berge versetzen könne. Es ist nicht Schicksal, was den Abiturienten und die Briefträgerin verbindet. Da sind viele andere Dinge im Spiel: die untreue, lebenslustige Mutter, der offenbar die eigene Selbstverwirklichung die Nähe zu ihren Kindern gekostet hat, ein ewig abwesender Vater und der langjährige Partner der Heldin, der über Job und Hobby die Bedürfnisse der Freundin ein wenig aus dem Blick verloren hat.
Das alles soll Liebe sein?! Das ungleiche Paar will es besser machen. Autorin Silke Zertz verortet die beiden Helden in einem stimmigen sozialen Umfeld, ohne dass die kulturellen Unterschiede allzu deutlich ausgestellt werden. Regisseurin Franziska Buch („Emil und die Detektive“) schwenkt nur gelegentlich in Richtung Melodram und verzichtet auf jeglichen Zuckerguss. Und für Emotionen sorgen die Songs von Cat Stevens, die auch bei „Harold & Maude“, dem Kultfilm in Sachen generationsübergreifende Liebe, zum Einsatz kamen.
Der Mythos vom „ersten Mal“ mit einer reifen Frau hat im Kino eine gewisse Tradition. Nachhaltiger im Bewusstsein blieben Schlager wie Peter Maffays „Es war Sommer“ oder Dalidas „Er war gerade 18 Jahr“. Auch im Fernsehen wurde das vermeintlich Unmögliche möglich. Marion Mittermeier und Simone Thomalla durften sich in Frischfleisch verlieben. Nun ist es Marie Bäumer. Die Schauspielerin überzeugt auch als Unterschicht-Schöne. Legt sie sonst gern die Züge einer komplizierten Seele in ihren Blick, so verweist ihr Spiel in diesem TV-Movie auf eine eher alltägliche Sehnsucht nach einem glücklicheren Leben. An ihrer Seite agiert nicht weniger eindrucksvoll Kostja Ullmann. Der junge Mann mit den großen Augen hat schon reichlich Erfahrung mit ungewöhnlichen Liebschaften: in „Sommersturm“ sah er sich der Liebe seines besten Freundes ausgesetzt und in „Mein Weg zu dir heißt Liebe“ musste er sich sogar unwissentlich in seine eigene Mutter verlieben. (Text-Stand: 29.11.2005)