Am Anfang mögen sie sich nicht. Dann machen sie aus der Not eine Tugend, gründen gemeinsam eine Firma für Handwerksarbeiten aller Art und bald sind sie dann doch irgendwie Freunde: Jens Hammer, der Heizungsinstallateur aus Stralsund, und Toni Sichl, der gelernte Luftikus aus Schwabing. Der Ossi ist fleißig, er kann was, hat Visionen, steht sich allerdings manchmal selbst im Weg – und ihm fehlt ein bisschen diese verbindliche Art, die der Vollblut-Münchner an den Tag legt: Dieser lässt am liebsten die Korken knallen, hat nichts gelernt und entsprechend von nichts eine Ahnung; dafür ist er der Charme in Person und seine große Klappe ist eines seiner Markenzeichen. Zielstrebig und locker, ernsthaft und lebenslustig, (selbst)kritisch und (welt)offen, systematisch und flexibel – nimmt man die Eigenschaften der beiden zusammen, entsteht eine ideale Kombi, die Kopf und Bauch, Hirn und Hand, Pflicht und Neigung versöhnt. Ideal – wären diese Eigenschaften auf nur eine Person verteilt…
Wolfgang Fierek über seinen Toni Sichl:
„Der ist ein totaler Freigeist. Freiheit geht ihm über alles. Der Toni hat nicht einmal ein Telefon, kein Auto. Wir wissen noch nicht einmal ganz genau, ob er auch eine Wohnung hat. Man sieht ihn auch immer im gleichen Outfit. Er will sich nicht belasten. Schon gar nicht mit einer festen Beziehung.“
„Was wir nicht können, können Sie nicht gebrauchen!“ Der Slogan ihrer Firma für kleine Handwerkerarbeiten klingt mit seiner dezenten Selbstüberschätzungsnote nach Sichl. Doch Hammer hatte diese Idee im Existenzgründer-Seminar. Der Münchner wollte sie klauen, flog deshalb raus aus dem Kurs, lud den Ossi ein zum Versöhnungstrunk, was diesem den Führerschein kostete – und war wieder im Spiel. Wenn er auch sonst nichts kann, gewieft ist er schon, der Sichl Toni. Wolfgang Fierek spielt ihn wie in alten Zeiten. Noch ein bisschen relaxter ist sein Spiel geworden. Schon in Klaus Lemkes Filmen war Fierek, den immer diese Aura des liebenswerten Hallodris umgibt, der Prototyp des typischen Nicht-Schauspielers. In Serien und Filmen mit viel Handlung wirkte das oft befremdlich, in „Hammer & Sichl“, diesen kauzigen Miniaturen aus dem München der Freunderl und Gspusis, passt dieser „unfertige“ Spiel-Stil wunderbar ins Bild. Es braucht nicht viel anderes, wenn man vier, fünf saftige Charaktere in pfiffig ausgedachten, realistisch anmutenden Situationen aufeinander loslässt und sie mit Sprüchen („sei doch nicht so mimosig“) & gewitzten One-Linern („Tee? Ich bin doch kein Engländer“) ein bisschen unterfüttert. Angenehm an der Tonlage der 30-Minüter ist, dass die Gegensätze von Sichl und Hammer zwar zur Grundidee der Serie gehören, sie aber nicht übermäßig hochgespielt, sondern eher im Schwabinger Stil locker-flockig laufengelassen werden. Und irgendwann merkt der Ostdeutsche sowieso, dass er gut daran tut, nachzugeben und Ruhe zu bewahren. Denn gegen diesen Schwätzer hat er keine Chance.
Wolfgang Fierek über sein Comeback:
„Nach meinem Unfall 2003 war es sehr schwierig, wieder an Rollen zu kommen. Der Sichl ist meine erste Hauptrolle wieder nach zehn Jahren. Es ist die Serie, nach der ich mich gesehnt habe. Kein Kommissar, nichts völlig Abgedrehtes, sondern das, was ich am besten kann: etwas Münchnerisches.“
München, das in „Hammer & Sichl“ goldgelb im Sommerlicht erstrahlt, redet auch ein entscheidendes Wörtchen mit bei der zunächst mit sechs Folgen im BR-Dritten gestarteten Serie von Oliver Mielke – wie natürlich auch die attraktiven tragenden Nebendarstellerinnen: Jule Ronstedt („Franzi“), Katharina Müller-Elmau („Der Cop und der Snob“) und Eva Habermann („Unsere Farm in Irland“) – ein bisschen sexy, ein bisschen schlampig, ein bisschen schräg. Und dass die Dame von der Agentur für Arbeit Frau Spitz heißt (und einsam ist), ist sicher auch kein Zufall; man kann erahnen, wo das Ganze enden könnte.