München gilt als Stadt, die keine Armut kennt. Doch neben den Zuckerbäckerfassaden gibt es hier auch Menschen, die tagtäglich auf der Straße ihren Überlebenskampf führen. Vor allem Jugendliche sind es, die sich nicht verstecken, die den Mut haben, sich zu zeigen. In “Ghettokids” erzählen Autorin Gabriela Sperl und Regisseur Christian Wagner von jenen Zukurzgekommenen, von Ausländerkindern, die am Ende der sozialen Leiter herumkrebsen. Der Film basiert auf den Erfahrungen der Sonderschullehrerin Susanne Korbmacher-Schulz und dem Sozialpädagogen Achim Seipt, die mit ihrem Verein “Ghettokids” Selbsthilfeprojekte für Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien in München anbieten.
Maikis hat ein schweres Los. Immer muss er seinem 13-jährigen kleinen Bruder Christos aus der Patsche helfen. Dabei verstrickt er sich immer tiefer. Seine Laufbahn als Kleinkrimineller ist vorgezeichnet. Er dealt mit Drogen, und er schlägt brutal zu, wenn sich Männer an seinem Bruder auf der Bahnhofstoilette vergangen haben. Beide hatten sich das Leben in Deutschland anders vorgestellt. Voller Hoffnung waren sie mit ihrer Mutter und dem großen Bruder von Griechenland nach München gekommen. Jetzt hausen sie in einer viel zu kleinen Wohnung im Problemstadtteil Hasenbergl. Als türkisch sprechende Griechen sind Christos und Maikis auch an der deutschen Förderschule und im Jugendzentrum unter all den Türken Außenseiter.
“Ich stecke voll in der Scheiße”, spricht Toni Osmani alias Maikis zu Beginn von “Ghettokids” in die Kamera. Der Held, der klassische Anti-Held, soll die Zuschauer bei ihren Gefühlen abholen. Rappende und breakdancende “Kanaken-Kids” hätten es sonst schwer im Hauptabendprogramm der ARD. Der Mitleidsfaktor spielt in der Folge eine noch größere Rolle, denn zunehmend rückt Christos (Ioannis Tsialas), der hübsche Junge, der sich nach Liebe sehnt und klauend für eine bessere Zukunft sorgt, ins Zentrum der Geschichte. Konsequent bleibt Autorin Sperl bei ihren jugendlichen Protagonisten, auch Regisseur Wagner verrät sie und ihre schicksalhaften Biografien nicht. Es wäre ein Leichtes gewesen, “Ghettokids” allein aus der Perspektive der Erwachsenen zu erzählen. Mit Barbara Rudnik als engagierter Lehrerin und Günther Maria Halmer als Sozialarbeiter aus Überzeugung wäre das wohl auch quotenträchtiger gewesen. Doch wie der Film beginnt, so endet er: mit Maikis, der Verantwortung tragen muss für seinen kleinen Bruder. Solche Details machen die Stimmung dieser BR-Produktion aus. Die i-Tüpfelchen in Sachen Glaubwürdigkeit aber sind die authentischen Laiendarsteller, die ein Stück reales Hasenbergl in den Film einbringen.