Eine ungemütliche Nacht steht einer Kommissarin bevor. Sie soll einen korrupten Polizisten überwachen. Ein Routinejob. In Gedanken ist sie bei ihrer Tochter. Plötzlich klingelt ihr Handy: Ihre Schwester, die sie und ihren Mann gerade gesehen haben will, möchte mit beiden einen trinken gehen. Bei der Polizistin brennen die Sicherungen durch. In dem Hotel, in dem sie das Liebesnest vermutet, hat sie einen peinlichen Auftritt. Die Konsequenzen: Die Kommissarin wird vom Dienst suspendiert und muss ihre krankhafte Eifersucht in einer Klinik behandeln lassen. Und der Mann, den sie beschatten sollte, wurde in jener Nacht umgebracht.
„Fürchte dich nicht“ beginnt ungewöhnlich – und bleibt bis zum Finale so undurchschaubar wie viele der Figuren. Eine Frau, die noch fast das ganze Leben vor sich hat und die stets gegen Wände anrennt, das ist noch die konventionellste Größe in dem Film von Christiane Balthasar. Dirk Salomon und Thomas Wesskamp lassen Heldin und Handlung verschlungene Wege gehen. Gemeinsam mit einem MAD-Leutnant soll die vermeintlich labile Polizistin, der das Sorgerecht für ihre Tochter entzogen wurde, dem Amoklauf eines Soldaten nachgehen. Sie stoßen auf ein geheimes wissenschaftliches Bundeswehr-Forschungsprojekt. Die Probanden sind Soldaten. Sie sollen lernen, mit ihrer Angst umzugehen. Auch die Schwester der Polizistin, eine Psychiaterin, ist involviert in das Projekt, das noch weitere Tote fordert.
Der Film ist Thriller, Krimi, Psychodrama und Science-Fiction zugleich. Ohne Angst, ohne Schmerzen, ohne Depressionen zu leben – das ist ein Menschheitstraum. „Fürchte dich nicht“ zeigt, wie er zum Trauma werden kann. Für Hauptdarstellerin Maria Simon ist die Utopie dahinter höchst fragwürdig: „Ohne Angst zu leben, hieße ja auch, dass ich mich nicht entwickeln könnte“, so die Berlinerin. „Und man würde auch nicht erfahren, was es heißt, glücklich zu sein.“ Mit Simons Polizistin im gleichen Boot sitzt der MAD-Beamte. Es ist das undurchsichtige Miteinander zwischen den Figuren, das den Film reizvoll macht. Auch zwischen der Heldin und ihrem Vorgesetzten herrscht ein seltsamer Ton. Matthias Brandt gibt dieser kleinen Rolle ein Maximum an Geheimnis. Der Zuschauer wird auf viele Irrwege geführt. Hypothesen bleiben Hypothesen, nachdem sie kompliziert erklärt wurden. Figuren werden überraschend aus dem Verkehr gezogen. Es ist nicht immer leicht auszuhalten, so offensichtlich auf die Folter gespannt zu werden. (Text-Stand: 22.1.2007)