Friesland – Tief im Dreck

Mehmet, Cumartpay, Stockhaus, Underberg, Kaiser, Schweigardt, Rensing. Der Teufel hat den Schatz gestohlen

Foto: ZDF / Willi Weber
Foto Tilmann P. Gangloff

„Friesland“ ist ähnlich wie „Marie Brand“ eine jener Krimireihen, die je nach Buch und Regie mal mehr, mal weniger gelungen sind. Mitunter plätschern die Filme auch mal belanglos vor sich in. „Tief im Dreck“ (ZDF / Cologne) dagegen ist nicht nur für die „Friesland“-Fans ein großes Vergnügen. Das Ensemble ist ohnehin stets spielfreudig, doch diesmal passt alles: Dialoge, Handlung und Inszenierung. Als besonders clever erweist sich eine Idee, mit der die Autorinnen das vorübergehende Fehlen von Hauptdarstellerin Sophie Dal kompensiert haben.

Geht’s um Sagen und Legenden, hat gern der Teufel seine Finger im Spiel. In Friesland gilt deshalb das Gebot: Wer einen Schatz entdeckt, sollte das Geheimnis besser für sich behalten, ansonsten holt sich der Teufel den Fund; und den Finder gleich mit. Im Krimi erweisen sich unverhoffte Reichtümer ohnehin in der Regel als Fluch und nicht als Segen: Des einen Glück weckt des anderen Habgier; prompt kommt es zu Mord und Totschlag. Das ist im 23. „Friesland“-Film nicht anders. Ausgerechnet Yunus Özlügül, der vom Glück eher selten verfolgte Bruder von Polizistin Süher, macht beim Sondengang eine phänomenale Entdeckung: Er findet die legendäre Sonnenscheibe. Im Archiv des Heimatvereins wartet schon geraume Zeit ein „Himmelswagen“ auf sein Gegenstück: Der von einem Ochsen gezogene Karren ist erst zusammen mit der vorn güldenen und hinten finsteren Ergänzung komplett. Das seit Jahrtausenden verschollene Relikt wäre eine kulturgeschichtliche Sensation und im Handel ein Vermögen wert, wenn es da nicht bestimmte Regeln gäbe: Der Fund eines derartigen rituellen Kultobjekts aus der frühgermanischen Bronzezeit gilt als „Bodendenkmal“ und muss daher den zuständigen Behörden gemeldet werden. Als Tags darauf ein Archäologe auftaucht, ist der Fundort jedoch zum Tatort geworden: Fritz Groote, Vorsitzender der Heimatfreunde Leer, ist durch einen Schlag auf den Kehlkopf getötet worden; die Tatwaffe war offenbar die nun allerdings verschwundene Scheibe.

Friesland – Tief im DreckFoto: ZDF / Willi Weber
Überbringung der Todesnachricht. Edda Groote (Julia Bremermann) verkraftet den Tod ihres Mannes gut. Maxim Mehmet

Schon dieser Teil der Geschichte ist dank seines historischen Unterbaus äußerst reizvoll, aber Mariann Kaiser und Nadine Schweigardt haben ihr Drehbuch geschickt um weitere Ebenen ergänzt. Auf diese Weise sorgen sie dafür, dass sämtliche Ensemblemitglieder entscheidend in die Wahrheitsfindung eingebunden sind, zumal alle relevanten Informationen – „Aber das hast du nicht von mir!“ – umgehend die Runde machen. Die beste Idee der Autorinnen war jedoch die Ernennung von Yunus (Yunus Cumartpay) zum „Hilfssheriff“: Weil Sophie Dal für diesen Film nicht zur Verfügung stand, haben sie Süher in Urlaub geschickt. Natürlich hat Yunus erhebliches Interesse an der Frage, was aus seinem Fund geworden ist, und so bindet ihn Sühers Kollege Henk Cassens (Maxim Mehmet) kurzerhand in die Ermittlungen ein. Prompt hat Yunus großen Spaß daran, Polizist zu spielen, zumal er sich dabei gar nicht mal ungeschickt anstellt. Dass Cassens anders als sonst offiziell mit dem Fall betraut wird, hat ebenfalls einen besonderen Grund: Besitzer jenes Grundstücks, auf dem Yunus die Scheibe entdeckt hat, ist ausgerechnet Hauptkommissar Brockhorst (Felix Vörtler), der deshalb natürlich befangen ist und sich außerdem prompt das eine oder andere Verbalscharmützel mit dem Archäologen (Ulrich Brandhorst) liefert; die Interessen der beiden Männer sind schlicht nicht kompatibel.

Dank der leichtfüßigen Umsetzung des Drehbuchs durch Marc Rensing ist „Tief im Dreck“ eine sehr kurzweilige Mixtur aus Krimi und Komödie. Besonders viel Vergnügen machen die kleinen Ideen am Rande; Brockhorst zum Beispiel wird wie ein Feldherr auf seinem Hügel eingeführt. Die Dialoge sind sowieso amüsant, werden aber durch die Mitwirkenden zusätzlich veredelt. Gerade Holger Stockhaus trägt seine heiteren Zeilen mit einer bemerkenswerten Trockenheit vor. Dabei ist Bestatter Habedank gar nicht zum Lachen zumute: Seiner ohnehin nur platonisch erwiderten stillen Zuneigung zu Insa Scherzinger (Theresa Underberg) bleibt womöglich endgültig die Erfüllung verwehrt, weil sich der Apothekerin und Hobby-Forensikerin eine einmalige Chance bietet. Als Leiter des Heimatarchivs hat Habedank zudem mehr als nur ein fachliches Interesse an der Sonnenscheibe: Ein kurzer Blick auf den Himmelswagen genügt dem Archäologen, um zu erkennen, dass das Original gegen eine Kopie ausgetauscht worden ist.

Friesland – Tief im DreckFoto: ZDF / Willi Weber
Friesisches Kompetenzgerangel. Ist das hier ein Tatort oder eine archäologische Fundstätte? Ulrich Brandhoff, Felix Vörtler

Die vielen persönlichen Verwicklungen lassen die Ermittlungen mitunter fast zur Nebensache werden, aber sie sind dennoch mehr als bloß ein Vorwand für den Schmunzelfaktor, zumal sich auch auf der Krimi-Ebene interessante Konstellationen ergeben. Groote zum Beispiel war Besitzer eines Unternehmens für Torfabbau. Dass er das Opfer militanter Umweltschützer geworden ist, legt allerdings nicht mal das Drehbuch ernstlich als Option nahe. Bleibt als Verdächtige noch die Witwe (Julia Bremermann), die den Verlust des Gatten viel besser verschmerzt als den Verlust des Privatvermögens, denn das ist futsch: Groote ist auf einen perfiden Trick reingefallen. Der schmerzliche Abschied, mit dem der Film endet, gilt daher nicht Groote, sondern einem langjährigen Ensemblemitglied.

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Reihe

ZDF

Mit Maxim Mehmet, Yunus Cumartpay, Holger Stockhaus, Felix Vörtler, Theresa Underberg, Dalila Abdallah, Ulrich Brandhorst, Tina Pfurr, Julia Bremermann, Daniel Drewes

Kamera: Sebastian Bäumler

Szenenbild: Ralf Mootz

Kostüm: Judith von der Burg

Schnitt: Sebastian Bonde

Musik: Thomas Mehlhorn

Soundtrack: David Bowie („Suffragette City“, Vorspannlied)

Redaktion: Florian Weber

Produktionsfirma: Cologne Film

Produktion: Melissa Graj

Drehbuch: Mariann Kaiser, Nadine Schweigardt

Regie: Marc Rensing

Quote: 6,13 Mio. Zuschauer (26,1% MA)

EA: 04.10.2025 10:00 Uhr | ZDF-Stream

weitere EA: 11.10.2025 20:15 Uhr | ZDF

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