„Ich muss mein Leben in den Griff bekommen – und endlich mal etwas zu Ende bringen.“ Dieser Vorsatz verschlägt die leichtlebige Julie Berg von Berlin ins beschauliche Augsburg, vom Schoko-Shop in die Privatdetektei von Onkel Theo. Die Kinder sind gar nicht begeistert. Die Unterkunft ist bescheiden, die Tante will alles „auspendeln“ und die „Schnüffelei“ scheint nicht gerade ein lukratives Geschäft zu sein. Julie aber lässt sich nicht unterkriegen – und stürzt sich in ihren ersten Fall, ihren allerersten Fall. Außer mal kurz auf der Polizeischule – hat sie offiziell nichts, was sie für den Job prädestiniert. Doch sie zeigt ein gutes Gespür für ihre kleptomanische Klientin, die ihren vermeintlich untreuen Ehemann observieren lässt. Das Problem liegt bei dem Fall ganz woanders: Jene Bettina Winter ist ein Adoptivkind, das ihr bisheriges Leben darunter gelitten hat, ihre Mutter nie kennen gelernt zu haben. Auch der Mann leidet unter diesem Schmerz und die Tochter spürt, dass die Familie nicht komplett ist.
„Chaotisch und trotzdem sehr liebevoll und eigentlich eine tolle Mutter, die innerlich selbst noch ein Kind ist und dadurch einen unsteten Lebenswandel hat“, so charakterisiert Hauptdarstellerin Bettina Zimmermann ihre Heldin. In gewollten Abenteuerkomödien hat man sie zuletzt gesehen oder immer wieder als die bedrohte Schöne, die im Thriller ihre Frau steht. Da wirkte sie oft künstlich in die Szenerie gestellt, der Prototyp für die attraktive Weiblichkeit. In „Familie macht glücklich“ fügt sich Zimmermann nicht nur sehr viel stimmiger in das Gesamtbild und den aufs Serielle ausgerichteten Wohlfühlrahmen: sie gibt auf der ganzen Linie sympathisch den Ton an. Rodica Döhnert („Prager Frühling“) verpasste vor allem ihrer Julie in dieser an Projektionen reichen Familiengeschichte pfiffige, nur leicht überhöhte Alltagsdialoge, die es ihr zumeist erlauben, so zu reden, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Die Tochter-Mutter-Gespräche suchen Unterhaltungsfilm-gemäß öfters die Pointe, aber ihr Gehalt ist nicht unrealistisch – und diese Dialogfolgen sind vor allem eines: schnell.
Foto: ZDF / Barbara Bauriedl
Überhaupt der Rhythmus: der stimmt von vorne bis hinten – entsprechend „sinnvoll“ (und sparsam) werden auch die Songs im Film eingesetzt. Und selten gelingen in Fernsehstücken der leichten Gangart die Übergänge zwischen komödiantischen Szenen und Ernsthaftigkeit so bruchlos wie hier. Überraschend argumentationsstark und damit emotional glaubwürdiger ist die „Auflösungsszene“ zwischen Bettina Zimmermann und Lisa Kreuzer. Ob all das damit zusammenhängt, dass Reinhard Münster kein Vieldreher ist, reichlich „Wilsberg“-Erfahrung hat und einst als „Autorenfilmer“ reüssierte?! Bei den genannten Vorzügen fällt es kaum ins Gewicht, dass neben wunderbar besetzten tragenden Nebenrollen (Wöhler, Rott, Kreuzer) die Besetzung der „Episodenhauptrolle“, der traumatisierten Ehefrau und Mutter, sicher nicht optimal ist und dass Cleo Kretschmer es noch immer nicht schafft, einen Satz richtig zu betonen. Egal, „Familie macht glücklich“ ist eine viel versprechende „Farbe“ im Programm: ein (zeitgemäßer) Familienfilm auf der ganzen Linie. (Text-Stand: 30. August 2011)